Rotary: Von der Schule ins Ausland
Der Club sucht Interessenten — und Gasteltern für Austausch.
Wuppertal. Früher war es vollkommen normal: An jeder Schule gab es Elftklässer, die ein Jahr ins Ausland gingen. Mittlerweile suchen die Organisationen händeringend nach willigen Ausstauschschülern: Denn durch die verkürzte Schulzeit und Alltagsstress verzichten immer mehr Jugendliche mit Blick auf ein gutes Abitur auf die Auslandserfahrung. Dem möchten die Rotarier in Wuppertal entgegen wirken.
Denn eine Zeit fernab von Familie und Freunden formt einen jungen Menschen, findet Rainer Gerhard, der in Wuppertal für die Rotary-Austauschschüler verantwortlich zeichnet: „Die jungen Menschen kommen in einer sehr prägende Phase in Gastfamilien“, sagt Gerhard.
Deswegen achte Rotary sehr stark auf die Auswahl Familie, ein reines Sprachenlernen sei die Fahrt nicht. Auch die beiden Töchter von Rainer Gerhard waren ein Jahr weg, lernten Kanada und Neuseeland kennen. Sie waren mit einer kommerziellen Organisation dort. Dort wurde offenbar die soziale Wertevermittlung nicht so ernst genommen. Wer mit Auslandsjahren Geld machen möchte, „verkauft ein Bett für Geld“, sagt der Rotarier.
Darum dürfe es in einem Auslandsjahr aber nicht gehen, die jungen Menschen zwischen 15 und 19 Jahren sollen Land und Leute kennen lernen, deswegen ist das Rotary-Jahr in drei Phasen unterteilt, in dem die Jugendlichen in drei Familien leben werden.
Das Rotary-Programm ist ein Austausch-Geschäft: Die Teilnehmer zahlen Flug und Versicherungen, für die Unterkunft kommen die Gastfamilien auf. Dafür werden auch die Wuppertaler zu Gastgebern und verpflichten sich, einen Gast aufzunehmen.
Nun suchen die Rotarierer Schüler, die Lust haben, ins Ausland zu gehen. Gerhard möchte das Wort „elitär“ in Zusammenhang mit seinem Club nicht in den Mund nehmen. „Wir sind offen für jeden interessierten Jugendlichen, niemand muss Mitglied sein.“ Wer dann mit Rotary verreist, wird die Vielfältigkeit des sozialengagierten Clubs kennen lernen. „Auch in Deutschland gibt es natürlich die traditionellen Rotary-Clubs, aber auch hier gibt es Unterschiede.“ Und im Ausland könnten die Jugendlichen kennen lernen, wie locker andere Menschen Rotary interpretieren.
Jugendliche, die sich bewerben, sollten neugierig sein. Wer sich selbst noch nicht einschätzen kann, sollte sich trotzdem an Rotary wenden, empfiehlt Rainer Gerhard: Seit neuestem ist es möglich, quasi zur Probe für drei bis sechs Wochen ins Ausland zu gehen und sich dann zu entscheiden. Außerdem biete Rotary Freizeitaktivitäten an, um die Idee hinter Rotary kennen zu lernen. Auch die Angst, durch das Austauschjahr zu viel Schulstoff zu verpassen, will Rainer Gerhard entkräften: Zum einen besteht die Möglichkeit, eine Klasse zu überspringen, zum anderen plant der Club, einen Austausch nach dem Abitur anzubieten.