S-Bahnen: Ärger und Millionenstrafen
Während der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr die Bahn AG abstraft, zieht die Kritik der Kundschaft weite Kreise. Fast 80 Prozent der Bahnkunden sehen dringend Handlungsbedarf.
<strong>Wuppertal. Das Zähneknirschen an den Automaten, die man ab August mit noch mehr Geld füttern muss, um an einen Fahrschein des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) zu kommen, wird in Wuppertal noch lauter sein als anderswo: Seit Wochen sorgen Dauerverspätungen und verschmutzte Züge im S-Bahn-Verkehr - insbesondere bei der S 8 zwischen Hagen, Wuppertal, Düsseldorf und Mönchengladbach - für geharnischte Kritik der Kundschaft: Allein bei der WZ-Online-Umfrage zur Qualität der S-Bahnen im Stadtgebiet wurde bislang fast 900 mal abgestimmt, und das mit einem eindeutigen Zwischenstand: Fast 80 Prozent der Bahnkunden sehen dringend Handlungsbedarf und füllen im Online-Forum ganze Seiten mit Berichten über ihren Dauerärger mit der Bahn.
Dass der VRR im Streit mit der Bahn nun die Zügel anzieht, und - wie berichtet - ab dem 1. April monatlich eine Million Euro an Vertragsgeldern an die Bahn zurückhält, ist allerdings nur ein schwacher Trost: "Ab September 2006 haben die Zugausfälle im gesamten Netz deutlich zugenommen", heißt es im Jahresbericht des VRR. "Ursache hierfür waren weniger die typischen Herbstprobleme, sondern eher die hohe Zahl an Baustellen und Langsam-Fahrstellen."
Während der VRR die S 8 jetzt auch offiziell zu den kritischsten Linien zählt, was Dauerverspätungen betrifft, berichtet der Verkehrsverbund gerade auch bei der S 9 (Wuppertal, Essen, Haltern) von gravierenden Problemen mit verschmutzten Zügen. In einem ersten Schritt wolle die Bahn durch "zusätzliche Unterwegs- und Wendereinigungen" sowie mehr Kontrollen Abhilfe schaffen. Die DB Regio wolle außerdem "die Sauberkeit der Fahrzeuge spürbar verbessern."
So berechtigt Kritik an der Bahn als Dienstleister auch ist - sie zeigt immer nur die eine Seite der Medaille. Natürlich muss der Verkehrskonzern jetzt alle Hebel und Stellschrauben in Bewegung setzen, um die desaströsen Verspätungen und Zugausfälle insbesondere bei der S 8 in den Griff zu bekommen.
Sich mit Gleisbaustellen und Herbstlaub aus der Affäre zu ziehen, kommt einer Ohrfeige für alle Bahnkunden gleich: Sie zahlen immer mehr Geld für immer schlechtere Leistungen und setzen jetzt darauf, dass die härtere Gangart des Verkehrsverbundes gegenüber der Bahn möglichst schnell Früchte trägt. Wer verliert schon gerne Millionen?
Das einzige, was am Bahnsteig zählt, ist Zuverlässigkeit - notfalls durch Ersatzzüge, die Verspätungen auffangen und ein Baustellen-Management, das diesen Namen verdient. Mehr Service- und Kontroll-Personal muss im S-Bahn-Verkehr eingesetzt werden - und einer Entwicklung Rechnung tragen, die in keiner Weise aufs Konto der Bahn geht: Schmutz und Zerstörungswut prägen unsere Verkehrsinfrastruktur mittlerweile auf breiter Front. Das fängt bei beschmierten Lärmschutzwänden an, reicht über beschädigte Bahnhofsaufzüge bis hin zu tausenden zerkratzten Bus- und Zugscheiben.
Mit diesen Problemen kämpft nicht nur die Bahn - auch die Stadtwerke beobachten ein zunehmendes Maß an Verrohung, Verschmutzung und Sachbeschädigung. Das lässt sich nur durch gezielte Überwachung und drakonische Strafen für alle erwischten Täter ändern. Das Müllproblem in Bussen und Bahnen hingegen ist nur durch Erziehung und Selbstdisziplin in den Griff bekommen.