Schüler sollen Luftverschmutzung messen

Stadt und Schule wollen die Messmethode von Tobias Gerbracht weiter anwenden.

Foto: Stefan Fries

Cronenberg. Die schlechteste Luft in Wuppertal wird an der Briller Straße gemessen. Ist es an der Hahnerberger Straße genauso schlimm? Das wollen die Mitglieder von der Bezirksvertretung Cronenberg von der Stadtverwaltung wissen. Dabei verweisen sie auf die Messungen des Jugend-forscht-Siegers Tobias Gerbracht (19) an der Hahnerberger Straße. Die könnten jetzt Grundlage für weitere Messungen werden.

Der ehemalige Schüler des Carl-Fuhlrott-Gymnasiums hat für seine Teilnahme am Wettbewerb „Jugend forscht“ eine ganz neue Methode entwickelt, Schadstoffe in der Luft zu messen: Er schickt mit Hilfe eines Teleskops gebündeltes Licht durch die Luft, lässt es reflektieren und fängt es wieder auf. Weil jedes Molekül Licht auf charakteristische Weise absorbiert, kann er zum Beispiel die Menge der Stickoxid-Moleküle in der Luft messen.

1200 Stunden Arbeit hat er in sein Projekt investiert. Unterstützt hat ihn sein Lehrer Michael Winkhaus, der die Sternwarte auf dem Dach des Carl-Fuhlrott-Gymnasiums aufgebaut hat. Tobias Gerbracht lernte dort nicht nur den Blick ins All, sondern hatte auch 2014 die Idee, Teleskope für den analytischen Blick in die Umwelt zu nutzen. Seitdem wurde das Thema Stickoxide immer präsenter, erinnert sich Tobias Gerbracht: „Das war ein Super-Timing.“

Seine Messmethode testete er in der Luft über der Küllenhahner Straße: Dafür installierte er einen Reflektor auf dem Dach des Sparkassengebäudes am Hahnerberg, zu dem er das Licht vom Schul-dach aus schickte.

Die Messergebnisse ließen zunächst aufhorchen, denn es kamen Werte bis zu 75 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter vor — scheinbar über dem EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm. Doch Tobias Gerbracht weist darauf hin, dass der EU-Grenzwert für den Jahresmittelwert gilt, er selbst nur einen Tag lang gemessen hat. Bei Stundenmittelwerten sind bis zu 200 Mikrogramm pro Kubikmeter erlaubt.

Michael Winkhaus erklärt zudem, dass Tobias Gerbrachts Messung die gesamte Fläche von der Schule bis zum Hahnerberg erfasste. Daher könnten die Werte nichts über die Luft an der Hahnerberger Straße aussagen, von der nur ein Stück einen kleinen Teil des Messbereichs ausmache.

Die Bezirksvertreter waren dennoch alarmiert, führten die Ähnlichkeit zwischen Hahnerberer Straße und Briller Straße an. Die dortige Messstation hat 2016 ein Jahresmittel für Stickstoffdioxid 64 Mikrogramm pro Kubikmeter festgestellt.

In dem Antrag der SPD, dem sich alle Bezirksvertreter anschlossen, heißt es: „Die Hahnerberger Straße hat eine vergleichbar hohe Verkehrsbelastung von 22 000 Fahrzeugen am Tag wie die Briller Straße. Auch hinsichtlich der Nord-Süd-Ausrichtung sind die Straße ähnlich.“ Die Politiker wollen wissen, wie hoch dort die Belastung mit Stickstoffdioxid, Stickstoffmonoxid und Feinstaub ist.

Auf Nachfrage der WZ erklärt Anja Miethke vom Ressort Umweltschutz, dass es derzeit keine Daten zu Stickstoffdioxid an der Hahnerberger Straße gibt. Sie und die Briller Straße seien auch trotz ähnlicher Ausrichtung und Verkehrsbelastung bei der Luftverschmutzung nicht vergleichbar: Weil die Bebauung an der Hahnerberger Straße lockerer sei, würden Schadstoffe schneller verdünnt und abtransportiert.

Die Arbeit von Tobias Gerbracht ist trotzdem interessant für die Stadt: „Eine Kooperation zwischen dem CFG und dem Ressort Umweltschutz ist geplant“, so Anja Miethke. Genaueres müsse noch abgestimmt werden. Denn Michael Winkhaus will die Messmethode andere Schülern anwenden lassen, wenn sich Teilnehmer seines Astrokurses Projekte aussuchen. „Ich gehe doch schwer davon aus, dass sich ein oder zwei dafür finden.“

Sie könnten die fest installierte Einrichtung nutzen, aber auch mit einer mobilen Messstation an anderen Stellen der Stadt die Luftverschmutzung messen. „Das wäre für die Schüler ein total ernste Aufgabe, ich verspreche mir viel davon“, sagt Winkhaus.