Urteil am Landgericht Sechseinhalb Jahre Haft für Wuppertaler Messerstecher

Wuppertal · 20-Jähriger stach bei einem Streit in Vohwinkel zu.

Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

Zu sechseinhalb Jahren Jugendstrafe hat das Landgericht den 20-Jährigen verurteilt, der im Juli auf der Stackenbergstraße in Vohwinkel mit einem Messer auf einen ebenfalls 20-Jährigen eingestochen und diesen lebensgefährlich verletzt hat. Das Gericht ging dabei davon aus, dass dem Angeklagten beim Zustechen klar war, dass seine Stiche tödlich sein könnten, er also einen bedingten Tötungsvorsatz hatte. Weil er aber noch am Tatort seinen Gegner und Zeugen aufforderte, einen Rettungswagen zu rufen, gilt das als Rücktritt vom Tötungsversuch. Der junge Mann wurde daher nur wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt, die Strafe unter Einbeziehung voriger Urteile verhängt.

Von einem „Gewaltexzess aus komplett nichtigem Anlass“ sprach der Vorsitzende Richter bei Verkündung des Urteils. Anstoß für die Gewalttat sei „ein lustiger Spruch“ gewesen. Den hatte der später Verletzte der Freundin des Angeklagten gegenüber gemacht. Stark betrunken war dieser in der Nacht der jungen Frau begegnet, die er schon lange kennt. Hatte erst behauptet „Ich liebe dich“; als sie ihn wegschickte, erwidert: „Dann liebe ich dich halt nicht mehr, du...“ gefolgt von einer heftigen Beleidigung. Die junge Frau hatte das nicht ernst genommen: „Ich wusste, dass das Spaß war“, sagte sie als Zeugin.

Aber ihr damaliger Freund, der Angeklagte, der schon weitergegangen war, geriet darüber in Wut. Wohl auch, weil sich das Paar gerade gestritten hatte und Eifersucht ohnehin häufig ein Thema war. Nach Überzeugung des Gerichts hat der Angeklagte zuerst zugeschlagen. Später lag sein Kontrahent auf dem Boden, der Angeklagte fixierte ihn und stach dann „auf ein ersichtlich wehrloses Opfer“ zwei Mal mit einem Messer zu, das eine 8,5 Zentimeter lange Klinge hatte. Getroffen wurde der andere in der Seite, die Lunge war verletzt.

Das hat dieser aber erst nicht bemerkt, die Streitenden waren wieder aufgestanden, als Anwohner auf die Straße kamen. Die jungen Männer schrien sich Beleidigungen zu, dann sagte der Angeklagte: „Du kannst jetzt den Krankenwagen rufen, ich habe dich gestochen.“ Das glaubte der nicht, erst, als er sein Shirt hochzog und die Wunden zu sehen waren.

Mehrere Anwohner riefen Polizei und Rettungswagen. Zum Glück konnte der Verletzte relativ schnell das Krankenhaus verlassen. Heute spürt er manchmal Schmerzen, hatte auch psychisch mit dem Erlebten zu kämpfen. Der Angeklagte hatte sich vom Tatort entfernt, wurde aber wenig später von Zeugen in einem Taxi erkannt. Die Polizei konnte ihn dann festnehmen.

Im Umfeld der
Gucci-Bande bewegt

Das Gericht wandte Jugendstrafrecht an, weil der Angeklagte noch viele Entwicklungsdefizite habe. Sein Start ins Leben war problematisch, seine Mutter war bei seiner Geburt erst 15 Jahre alt, er kam in eine Pflegefamilie. Ab der Pubertät gab es Schwierigkeiten, er kam in andere Unterbringung, wurde straffällig. Er soll sich auch im Umfeld der Gucci-Bande genannten Gruppe von Jugendlichen bewegt haben, die vor einiger Zeit mit Straftaten in der Stadt aufgefallen sind.

Betreuer der Jugendgerichtshilfe und des Sozialdienstes beschrieben ihn als motiviert, er habe gearbeitet, aber auch immer wieder Straftaten begangen, auch weil er Spielschulden hat. Das Gericht wertete sein Geständnis positiv, glaubte ihm seine Reue. Der Angeklagte hat sich per Brief beim Opfer entschuldigt. In seinem „letzten „Wort“ sagte er, er habe selbst noch viele Fragen, werde eine Psychotherapie machen. Und erklärte: „Ich sehe ein, das keine Beleidigung das rechtfertigt, was ich getan habe.“

In die verhängte Strafe bezog das Gericht drei vorige Urteile mit ein, unter anderem eines, bei dem der Angeklagte wegen eines Kiosk-Überfalls, Unterschlagung eines Autos und weiterer Taten zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt wurde.