Skandal bei Helios: Falscher Titel und falsche Seminare
Ex-Leiter der Ausbildungszentren wegen Untreue und Titelmissbrauchs angeklagt. Schaden: 680.000 Euro.
Wuppertal/Krefeld. Im Skandal um den früheren langjährigen Leiter der Helios-Ausbildungszentren in Wuppertal und Krefeld hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Dem 59 Jahre alten Jochen S. wird Untreue in mehr als 390 Fällen und Titelmissbrauch vorgeworfen.
Laut Anklage hat S. von August 2004 bis März 2009 regelmäßig Honorare für Seminare kassiert, die gar nicht stattfanden. Externe Dozenten seien teilweise erfunden worden. Mit dem Geld habe S. unter anderem private Rechnungen bezahlt. Die Staatsanwaltschaft hat einen Schaden von 680.000 Euro ausgerechnet.
Helios-Sprecher Jörn Grabert gestern auf WZ-Nachfrage: „Unsere Kontrollinstanzen wurden mit hoher krimineller Energie bewusst getäuscht.“ Mittlerweile habe man neue Referentenverträge eingeführt. Die Honorierung erfolgt demnach nur noch, wenn ein Vertrag vorliegt und der Referent bei Helios bekannt ist.
Seit 1998 war S. in leitender Funktion bei Helios tätig. Über die Jahre war er verantwortlich für mehr als tausend angehende Krankenschwestern, Pflegerinnen und Pfleger. Irgendwann firmierte der gelernte Krankenpfleger bei Helios dann als „Doktor“, machte Karriere, wurde im neu gegründeten Helios Ausbildungszentrum in Krefeld ebenfalls Chef. Doch auch der „Doktor“ ist Gegenstand der aktuellen Anklage. Laut Staatsanwaltschaft hat der gebürtige Wuppertaler den Titel im Jahr 2002 für 100 Dollar im Internet gekauft.
Die Ermittler fanden zudem heraus, dass sich S. im Jahr 2008 mit einer gefälschten Urkunde der Ruhruni Bochum an einer Fachhochschule für Gesundheit in Gera (Thüringen) beworben hat. Bis 2009 lehrte S. dort. Dann flog der Skandal in Wuppertal auf, Helios feuerte den langjährigen Mitarbeiter. In Gera bat man S. postwendend um die Originalurkunden seiner Bewerbung. Als Antwort kam innerhalb von 24 Stunden die kommentarlose Kündigung.
Mittlerweile lebt S. bei Köln. Mit Helios hat er 2010 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen. Doch die darin festgelegte Schadenswiedergutmachung stockte. Jedenfalls ist man laut Helios mittlerweile dazu übergegangen, das Vermögen des 59-Jährigen zu pfänden.