Führung zu Kunst im öffentlichen Raum Skulpturen in Wuppertal-Elberfeld: Höchst präsent und am Wegrand versteckt (mit Bildergalerie)

Wuppertal-Elberfeld. · In Wuppertal gibt es nun eine neue Stadtführung des Stadtmarketings. Diese stellt „Kunst im öffentlichen Raum“ in den Vordergrund.

Führung „Kunst im öffentlichen Raum“
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Foto: Fries, Stefan (fri)

Sie wird oft nur unbewusst wahrgenommen, ist aber nähere Betrachtung wert: „Kunst im öffentlichen Raum“. So heißt auch eine neue Stadtführung des Stadtmarketings. Am Samstag brachte Stadtführerin Beate Haßler einer kleinen Gruppe einige bekannte und weniger bekannte Skulpturen in Elberfeld näher. Immer wieder war dabei Gesprächsthema, dass diese Kunst mehr Rampenlicht verdient hätte.

Dass das Von der Heydt-Museum und die Stadtsparkasse 1997 gemeinsam das Areal zwischen Stadthalle und dem neuen Sparkassengebäude zu einem kleinen öffentlichen Skulpturenpark machten, ist wenigen präsent. Leider sind die kleineren Kunstwerke auch leicht zu übersehen.

Auffällig ist jedoch die Skulptur „229,5° arc x5“ des französischen Künstlers Bernar Venet im Garten der Stadthalle von 1999. Der fast geschlossene Kreis aus fünf gebogenen Stahlbalken fasst die Aussicht auf die Elberfelder Innenstadt wie in einem Kameraobjektiv zusammen – ein gern genutztes Fotomotiv. Der kryptische Name bedeutet, dass es aus fünf Stahlbögen besteht, die nicht 360° eines Kreises, sondern jeder nur 229,5° umfassen.

Weniger zugänglich finden die Teilnehmer „Anröchter Dolomit“ zwischen Stadthalle und Hotel von Ulrich Rückriem aus dem Jahr 2000: Ein mannshoher Steinblock aus vier Blöcken mit unterschiedlichen Oberflächen. „Damit kann ich nicht so viel anfangen“, sagt ein Teilnehmer ratlos. Es sei auch schade, dass keinerlei Tafel auf das Kunstwerk hinweise. Eine Kritik, die noch öfter auf der Tour geäußert wird.

Mehr Spaß am Betrachten haben die Teilnehmer beim Kunstwerk „Rondo“ von Alf Lechner von 1999 vor der Stadthalle: Zwei Abschnitte eines riesigen Kreises aus Stahl sind so zu einander ausgerichtet, dass sich immer neue Durchblicke ergeben.

An der Straße Johannisberg von der Stadthalle Richtung Sparkasse befinden sich mehrere Kunstwerke, die erst auf den zweiten Blick auffallen: Vor dem Parkhaus, zwischen den Sträuchern, steht das Kunstwerk „Die himmlischen Stürze“ (1995) von Frank Breidenbruch in Zusammenarbeit mit A.R. Penck. Wie ein Totempfahl wirkt die verwitterte Marmorsäule mit archaischen Zeichen und Figuren, die drei ähnlich gestalteten Bögen wie vom Himmel gefallene Totempfahlreste.

Wenige Meter weiter, ebenfalls von Sträuchern fast verdeckt, steht der Bökelbrunnen von Erich Cleff, so benannt nach dem Bökelviertel, in dem er 1920 aufgestellt wurde. „Unser Männeken Piss“, sagt scherzhaft ein Teilnehmer. Doch der Knabe mit den zwei Tauben in den Händen ist zwar von der Größe vergleichbar mit dem Wahrzeichen Brüssels, hat sich aber nie öffentlich erleichtert.

Die erste Version war ein Geschenk des vom Elberfelder Verschönerungsvereins zu seinem 50-jährigen Bestehen an die Stadt Elberfeld. Nach der Zerstörung im Krieg stiftete 1961 der Verlag W. Girardet, Herausgeber des General-Anzeigers, einen neuen Bökelbrunnen, den Erich Cleff, inzwischen 80 Jahre alt, erneut schuf.

Gegenüber, am Eingang zum Schulhof des Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasiums stand von 1957 bis 2019 „Pallas Athene“, eine Bronze-Figur der Kampf- und Weisheitsgöttin von Arno Breker. Wegen dessen hoher Stellung im Nazi-Regime ist die Figur umstritten. Derzeit liegt sie im Museumsdepot, ein Kunstwettbewerb soll zu einem neuen Rahmen für die Figur führen. Hier gab es nachdenkliche Kommentare von den Führungsteilnehmern, dass viele, auch antike Kunstwerke unter fragwürdigen Bedingungen entstanden.

Auf der gleichen Straßenseite steht am Straßenrand „Atoll“ , ein 1975 entstandenes Werk von Will Sensen, bei dem er einen Granitblock in Scheiben geschnitten hat. Und auf halber Höhe am Aufstieg zum WDG ragt eine Skulptur aus der Wiese, die wie ein Vogel anmutet. Erst aus der Nähe und beim Lesen der eingravierten Schrift wird klar: Es ist eine Darstellung des Satzes des Pythagoras. Fritz Bernuth schuf das Werk „Pythagoras“ 1964.

Die tropfenförmige Bronze-Skulptur vor dem modernen Sparkassen-Gebäude kenne viele. Tony Cragg schuf sie 1996 als Verkleidung des Ansaugstutzens der Sparkassen-Klimaanlage, sie heißt daher „Zufuhr“. Die Luft strömt durch 25 000 Löcher, die sich zur Spitze des Tropfens verdichten, was je nach Standort interessante Lichteffekte ergibt. Wegen ihres Standorts wird sie auch „Geldsack“ genannt.

Noch weitere Kunstwerke von Tony Cragg besucht der Rundgang: die Doppelskulptur vor dem Von der Heydt-Museum „Amphore/Dose“ und „Mörser/Flasche“ von 1991. Wer diese Namen auf den zugehörigen Schildern liest, kann in den geschwungenen Bronze-Formen auch die Metamorphosen von antiken zu modernen Alltagsgegenständen nachvollziehen. Das filigrane Geäst vor den Friedrichs-Arkaden gegenüber der Rathaus-Galerie kennen sicher viele, es könnte als Baum durchgehen. Es ist aber ein Abbild der Wupper und ihrer Zuflüsse. Tony Cragg schuf „Lebensader Wupper“ 1997.

In der Innenstadt finden sich zahlreiche bekannte Skulpturen wie die der Wuppertaler Originale „Mina Knallenfalls“ und „Zuckerfritz“, der Neptun- oder Jubiläumsbrunnen, und der Bergische Löwe zu denen Beate Haßler einiges erzählen kann, etwa zu dem Skandal über die nackten Tatsachen am Neptun-Brunnen.

Ziemlich unbekannt ist dagegen die Bellona-Figur im Kasinogarten neben der Stadtbibliothek. Ein junger Mann streckt oder windet sich, während eine Frauenfigur mit Helm ein Schwert in der Hand hält. Die Skulptur gehörte zu einem Brunnen, der ab 1922 vor dem Elberfelder Bahnhof stand. „Erwachender Krieger“ oder auch „Sterbender Krieger“ ist die Skulptur genannt worden, die seit 1949 an ihrem jetzigen Standort steht.

Der Weg führt dann vorbei an der „Krawattenmann“ genannten Skulptur „Ein neuer erfolgreicher Tag“ von Guillaume Bijl am ehemaligen Kasinokreisel - „eine Provokation im Bankenviertel“ – zu „Meinwärts“, 1989 von Stephan Huber zur Erinnerung an die Lyrikerin Else Lasker-Schüler geschaffen. Die zwei Granit-Stelen mit jeweils einem Porträt der Dichterin, die einander scheinbar anblicken, bezieht sich auf das Gedicht „Weltflucht“. Das ist wenige Meter weiter auf einer Bronzetafel an der Herzogstraße Nr. 29 (neben dem Blumengeschäft) zu finden. In dem Gedicht ist zu spüren, dass sich die Dichterin im Exil in Palästina einsam und auf sich selbst zurückgeworfen fühlte.

„Auch auf diese Tafel könnte deutlicher hingewiesen werden“, findet Teilnehmer Martin Borg. Zumal das Kunstwerk am Kasinokreisel erst damit verständlich ist. Dass Hinweise und Erläuterungen an vielen Kunstwerken fehlen, einige vernachlässigt wirken, ist ihm bei dem Rundgang deutlich geworden. Der hat ihm und seiner Frau trotzdem sehr gut gefallen: „Wir haben viel gesehen, was wir vorher nicht wahrgenommen haben“, bestätigt Birgit Borg.