Folgen des Klimawandels So viele Bäume will die Stadt Wuppertal in diesem Winter fällen
Analyse | Wuppertal · Es geht um Bäume, die gefährlich oder abgestorben sind. Die Entwicklung des Bestands gibt Anlass zur Sorge.
Die Stadt fällt im Winterhalbjahr 251 Bäume: Sie sind krank, beispielsweise von Pilzen befallen oder haben Schäden durch Trockenheit, manche sind abgestorben, könnten für Menschen oder Gebäude gefährlich werden. Damit stehen weniger Bäume auf der Fällungsliste als im Vorjahr, da waren es 310 Stück. „Es ist schön, dass es ein bisschen weniger geworden ist. Das haben wir anders befürchtet“, sagt Christian Arlt, Abteilungsleiter der Grünflächenunterhaltung. „Einige Bäume, die aus den letzten Jahren geschwächt waren, hatten tatsächlich die Chance, sich ein bisschen zu erholen.“ Dafür stehen aber auch Bäume auf der Liste, die vor wenigen Jahren noch nicht als gefährdet galten. „Tendenziell sind es ältere Exemplare oder Bäume an Extremstandorten“, sagt Christian Arlt.
Die geschädigten Bäume sind ungleich über das Stadtgebiet verteilt: In Heckinghausen steht keiner auf der Liste, in Cronenberg ist es einer – in Elberfeld und Barmen sind es mehr. Im Nordpark sind es elf Bäume, Eichen, Buchen und ein Ahorn, bei manchen ist die Standsicherheit gefährdet. Im vergangenen Jahr mussten in dem Park mehr als 70 Bäume gefällt werden.
„Das waren überwiegend Altexemplare, hauptsächlich Buchen“, sagt Christian Arlt. Buchen sind Flachwurzler, kommen nicht gut an Wasser, wenn die Erde in den oberen Schichten ausgetrocknet ist. „Im Nordpark haben wir dieses Jahr eine Blutbuche verloren, ein prägendes Exemplar mit 30, 40 Metern Kronendurchmesser. Es ist traurig, was passiert. Das ist wirklich schwierig.“
Bei der Kontrolle der Bäume in Parks, am Straßenrand und an städtischen Gebäuden wurden erhebliche Symptome für Schäden festgestellt: schwacher Austrieb im Frühjahr, Wipfeldürre im Sommer, vorzeitiger Blattfall im Herbst. „Besonders nachteilig wirken sich die lang anhaltenden Dürreperioden der letzten Jahre auf die Bäume aus“, so die Stadt. „Hier sind inzwischen die negativen Auswirkungen und langfristigen Schäden deutlich absehbar, besonders der Altbuchenbestand der großen Waldparkanlagen gibt ernsten Anlass zur Sorge“, zum Beispiel der Nordpark, die Kaiserhöhe und der Mirker Hain. Probleme sind unter anderem die Trockenheit der vergangenen Jahre und der Befall durch den Borkenkäfer.
Die Stadt pflanzt Bäume nach, die besser zum Standort passen
Für Ersatzpflanzungen im Frühjahr und Herbst sind in diesem Jahr 30 000 Euro vorgesehen, hinzukommt Geld von den Bezirksvertretungen, von Spendern und aus Fördermaßnahmen. Zudem gibt es die Strategie der natürlichen Verjüngung, erklärt Christian Arlt, wenn die Samen der Bäume unter ihnen langsam zu Pflanzen heranwachsen: „Das ist die beste Variante, sie sind den Standort und die Bedingungen von Anfang an gewöhnt. Alles, was wir anpflanzen, kommt von einem Idealstandort.“ Die städtischen Mitarbeiter haben einen Blick darauf, dass sich durch die natürliche Verjüngung keine Monokulturen entwickeln, lichten dann aus oder pflanzen nach.
Bei den Straßenbäumen sollen die Standorte für die Bäume verbessert werden, wenn das bei dem Untergrund möglich ist. „Vor 60, 70 Jahren hat man die Standorte noch nicht so beurteilt, wie das mit dem heutigen Wissen üblich ist. Die Bäume wurden trogartig eingepflanzt, ihnen wurde keine Möglichkeit gegeben, den Wurzelraum zu entwickeln, Wasser zu speichern, und die Verbindungen untereinander sind nicht gegeben.“
Bei neuen Bäumen wird darauf geachtet, dass die Art zum Standort passt. Für zukunftsfähige Arten gibt es eine Klimabaumliste. Beispielsweise gibt es einen Baum, der seine Blätter dreht, wenn er Hitze erfährt, erzählt Christian Arlt. Die Blätter sind von unten silbrig und reflektieren die Sonne.
„Die nächsten Jahre werden wirklich spannend“, sagt Christian Arlt. „Die Bäume können nicht mit uns sprechen, wir können sie nur beobachten. Wir lernen von Jahr zu Jahr mehr darüber, wie die Bäume reagieren.“ So wollen die städtischen Mitarbeiter dazu beitragen, dass zukunftsfähige Arten und Standorte in Wuppertal gefunden werden. „Die Frage ist: Wie schnell ist der Klimawandel im Vergleich zur Anpassung, wer ist schneller, Klimawandel oder Natur? Es wird sich einiges verändern.“
Wuppertal gelte als eine der grünsten Großstädte Deutschlands und solle das auch bleiben. Bäume binden CO2, produzieren Sauerstoff, tragen zur Kühlung in der Stadt bei. Dabei braucht ein Baum einige Jahre, bis er groß gewachsen ist, betont Christian Arlt. „Wir pflanzen für die Generation nach uns.“ Von 2018 bis Ende 2021 waren es mehr als 83 000 neue Bäume, in diesem Jahr sollen 10 000 weitere folgen, 2023 und 2024 sollen mindestens 20 000 Bäume gepflanzt werden.