Kraftvoll: Pfarrer Schoenborns predigte zu einem 50. Jahrestag
In der Lichtenplatzer Kapelle hielt der Pfarrer am 50. Jahrestag seiner Ernennung eine Predigt.
Lichtenplatz. Am 17. November 1963 wurde Paul Gerhard Schoenborn zum evangelischen Pfarrer ordiniert. In seiner Jubiläumspredigt stellte er die Frage, wie sehr jeder Einzelne sein Leben an Liebe und Barmherzigkeit ausrichte — und berührte damit die Gläubigen in der Lichtenplatzer Kapelle. Dort ist der Pfarrer seit etwa 20 Jahren ehrenamtlich aktiv. „Ich bin der Gemeinde dankbar dafür, dass ich hier zeigen darf, dass ich immer noch zu dem Versprechen stehe, das ich bei meiner Ordination vor 50 Jahren gegeben habe“, so Schoenborn.
In seiner Predigt geht der Pfarrer auf das Weltgericht im Matthäus-Evangelium ein. Eine Bibelstelle, die in der Kirche sehr kontrovers diskutiert wird, denn es geht um die Frage, ob der Glaube oder das Handeln eines Menschen darüber entscheidet, ob er in den Himmel gelangt. Schoenborn beurteilt aufgrund der Matthäus-Textstelle kritisch die Entwicklung der Kirche: Durch die Konzentration auf Sünde und Vergebung schon seit Luthers Zeit seien Werte wie Liebe und Barmherzigkeit in den Handlungen jedes Einzelnen verloren gegangen. Der Glaube allein reiche nicht, Handlungen seien entscheidend. Jeder müsse sein eigenes Leben hinterfragen: Wie viel Liebe und Freude bringe ich meinen Mitmenschen?
„Das Evangelium hat immer politische Konsequenzen“, sagt Pfarrer Schoenborn nach der Predigt. Eine Aussage, die sich im Leben des 79-Jährigen widerspiegelt: Schoenborn hat viele Bücher über die politische Dimension der Kirche geschrieben. Vor allem mit der Barmer Erklärung und der bekennenden Kirche setzte er sich auseinander. Außerdem schreibt er für mehrere linke kirchliche Periodika und trat für seine politischen Überzeugungen auch als Pfarrer ein. „Einmal habe ich mit Kollegen zusammen ein Nachtgebet gesprochen, um gegen die niedrigen Löhne in der Industrie zu protestieren“, erinnert sich Schoenborn.
Seit 1995 ist der Pfarrer pensioniert. Er lebt mit seiner Frau in Wuppertal und engagiert sich weiterhin in der Erwachsenenbildung. Die Verbindung zur Lichtenplatzer Kapelle kam durch Pfarrer Jochen Streiter zustande. „Ich war einige Zeit in Südamerika aktiv, da habe ich Pfarrer Schoenborn als Lateinamerikaspezialisten kennengelernt“, so Streiter.
Die Gläubigen in der Lichtenplatzer Kapelle waren beeindruckt von der Jubiläumspredigt, so zum Beispiel Helga Feth: „Er hat den doppelten Sinn im Evangelium herausgestellt. Ich bin sehr angetan. Es war eine sehr ehrliche Predigt.“