Oberbarmen Projekt entführt in fremde Welten

Oberbarmen. · Beim Fest des Programms „Die Wüste lebt“ ging es überdreht zu - mit ernstem Anliegen.

Jörg Patzelt mit Organisator Roland Brus und Filmer Uwe Schorn (v.l.).

Foto: Schwartz, Anna (as)

„Wir arbeiten mit dem äußeren Feuer“, sagte der künstlerische Leiter Roland Brus am Mittwochnachmittag und sah mit Wohlgefallen auf die Flammen, die in der mit knisternden Holzscheiten gefüllten Eisenschale auf dem Peter-Hansen-Platz vor der Färberei in Oberbarmen loderten, „aber noch wichtiger ist das innere Feuer“. Brus, der das Projekt „Die Wüste lebt“ zusammen mit Iris Colsman, der Leiterin der Färberei, und dem Projektkoordinator Uwe Peter mit Leben erfüllt, brennt vor Begeisterung für die für vier Jahre angelegte Initiative im Rahmen des Modellprogramms „Utopolos-Soziokultur im Quartier“ und überträgt das mühelos auf die Besucher auf dem Peter-Hansen-Platz. Die wurden Mittwoch für zwei Stunden in unbekannte Welten entführt.

Eine LED-Kette tut’s auch,
wenn die Beleuchtung fehlt

Nicht von Menschenscheu und Schüchternheit geplagt, spricht der künstlerische Leiter Passanten an, um sie zu einer Aktion zu bewegen. Und besonders bewegt die Oberbarmer im Moment die fehlende Weihnachtsbeleuchtung im Stadtteil. „Wir haben vom Oberbürgermeister aber eine Lichterkette zur Verfügung gestellt bekommen“, berichtet er und zeigt auf eine knapp zwei Meter lange Schnur mit LED-Leuchten. Schnell bewegt er zwei Gäste dazu, das mickrige Kettchen zwischen zwei Pfeilern zu befestigen. „Wir wollen aber damit vom Wupperfelder Markt zum Berliner Platz gehen, damit Oberbarmen auch eine Weihnachtsbeleuchtung hat“, verspricht er glaubwürdig.

Ein weiteres Anliegen schien ihm die fehlende Bahnhofsuhr in Oberbarmen zu sein. „Wir machen dafür eine Straßensammlung und läuten eine neue Zeit ein“, kündigte Brus mit ernster Miene an.

Alles ein bisschen „crazy“, wie die Umstehenden amüsiert feststellen, während sie sich am Apfel-Zimt-Punsch laben und Datteln verzehren, deren Reste man problemlos in der Flammenschale entsorgen kann.

Dazu tönen Klänge aus dem Lautsprecher, die dem normalen Mitteleuropäer nur schwer ins Ohr gehen. „Das ist mongolische Wüstenmusik“, heißt es, und die wird von anderen exotischen Lauten aus weiteren musikalisch belebten Wüsten abgelöst.

Mindestens ebenso fremdartig waren Gitarrenlaute und Gesang von Markus und Peter, der, als er seiner Mundharmonika unmittelbar vor dem Mikrofon schrille Töne entlockte, so manchen Autofahrer im Oberbarmer Berufsverkehr auf der Berliner Straße hinter dem Steuer aufschrecken ließ.

Die Musik aus fernen Landen, Aktionen mit einem Augenzwinkern und die kleinen Erfrischungen gehören zum Wüsten- und Oasen-Projekt, mit dem man das Quartier für die Oberbarmer erlebbar machen und für den Stadtteil sensibilisieren will.

Ein wenig konkreter wurde es mit Einbruch der Dunkelheit, als Olaf Reitz mit sonorer Stimme die Weihnachtsgeschichte von O. Henry vorlas, begleitet von den künstlerischen auf die Leinwand geworfenen Illustrationen von Ulrike Möltgen, die ebenfalls gebannt lauschte.

Olaf Reitz saß im mit Stroh ausgestatteten „Krippen-Bauwagen“, der zum „Wüsten-Kino“ umfunktioniert wurde, zusammen mit eng aneinander gerückten Zuhörern. „Abdullah und Angelika, zwischen euch darf kein bisschen Luft mehr sein“, forderte Roland Brus zu mehr menschlicher Nähe auf.

Denn schließlich will man die Oberbarmer Bürger aus vielen Nationen näher zusammenführen und dazu noch eine Menge Aktionen starten. „Die schönste Zeit unseres Projekts kommt noch, wenn die Tage länger werden und es wärmer wird“, sagt die gleichfalls beteiligte Daniela Reimund. Was auch bei Christel Simon, der Oberbarmer Bezirksbürgermeisterin, Vorfreude hervorruft. „Hier ist viel mehr los, als die meisten Wuppertaler ahnen“, sagt sie mit Oberbarmer Lokal-Patriotismus.