90 Jahre Suchthilfe feiert ihr 90-jähriges Bestehen

Elberfeld · Caritas-Angebot an der Friedrich-Ebert-Straße hat jährlich rund 1000 Klienten.

Das Team der Caritas-Suchtberatung vor der Beratungsstelle Kasinostraße 26. Rechts Abteilungsleiterin Gabriele Kirchner.

Foto: Susanne Bossy

. Wer Probleme mit Alkohol-, Medikamenten- oder Spielsucht hat, kann sich in Wuppertal an die Suchthilfe der Caritas wenden. Und das nun schon seit 90 Jahren, denn die Suchthilfe feiert am Freitag, 16. Dezember, ihr 90-jähriges Bestehen. „Das ist eine lange Geschichte und uns ist es wichtig zu zeigen, wie sich die Suchthilfe in Wuppertal entwickelt hat“, sagt Susanne Bossy vom Caritasverband Wuppertal/Solingen.

Mit einer „Trinkerfürsorgestelle“ an der heutigen Friedrich-Ebert-Straße fing alles im Jahr 1928 an. Damals im Fokus: Der Arbeiter, der seinen Lohn regelmäßig in der nächsten Kneipe vertrank. Heute bietet die Suchthilfe ein breites Beratungs- und Therapieangebot an. Es gibt unter anderem Einzel- und Gruppenberatungen für Alkohol- und Medikamentensuchterkrankte, Angehörige und mitbetroffene Kinder, Menschen ab 60 Jahren, Gefangene in der Justizvollzugsanstalt, Spielsüchtige, Langzeitarbeitslose und eine alltagsbegleitende ambulante Therapie für Berufstätige und Eltern.

Die Breite dieses Angebots basiere auf einem über die Jahre veränderten Blick auf das Thema Sucht in der Gesellschaft, sagt Susanne Bossy. Dabei spielten auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse eine Rolle. Zum Beispiel, dass Kinder alkoholsüchtiger Eltern ein erhöhtes Risiko hätten, später selbst in die Alkoholabhängigkeit zu geraten. Oder dass schon kleinste Mengen Alkohol während der Schwangerschaft beim Kind sogenannte „fetale Alkoholspektrumstörungen“ hervorrufen könnten. Das können laut Caritas eingeschränktes Wachstum, zu kleiner Kopf, Auffälligkeiten im Gesicht und Verhaltensauffälligkeiten sein, die durch Schäden im Nervensystem hervorgerufen werden.

Diese neuen Erkenntnisse nehme die Suchthilfe der Caritas auf, erweitere ihre Kompetenzen durch Fortbildungen und entwickele neue Angebote. „Davon profitiert die Stadtgesellschaft“, ist Bossy überzeugt. Auch in der Öffentlichkeit melde man sich immer wieder mit sozialpolitischen Aussagen zu Wort. „Das erlaubt uns unsere langjährige Erfahrung mit dem Thema Sucht“, sagt Bossy. Zum Beispiel habe die Suchthilfe mehr Prävention gegen die Glücksspielsucht gefordert.

Der Bedarf an Suchtberatung sei riesig, sagt Bossy. Allein an der „fetalen Alkoholspektrumstörungen“ litten in Deutschland 10 000 Menschen. Die Zahl der Suchthilfe-Klienten in Wuppertal ist von 59 im Jahr 1978 auf mittlerweile 1000 angewachsen. Das hänge zwar auch mit dem veränderten Blick auf Sucht und den erweiterten Angeboten zusammen, zeige aber auch eine zunehmende Suchtproblematik.

Das Ziel für die nächsten Jahre: „Wir wollen offen bleiben für neue gesellschaftliche Herausforderungen“, sagt Bossy. Ein aktueller Ansatzpunkt: Das Pflegepersonal in den Alteneinrichtungen soll für das Thema Suchthilfe sensibilisiert werden, um Senioren bei Bedarf besser beraten zu können.