In seiner Freizeit restauriert er historische Grabsteine
Der Rumäne Nicolae Jernoiu hilft als einziger Fachmann bei der Restauration des Jüdischen Friedhofs mit. Er ist auf die Reparatur von Skulpturen spezialisiert.
Ostersbaum. Nicolae Jernoiu schüttelt den Kopf. Nach drei Jahrzehnten in Deutschland kann der gebürtige Rumäne manches in diesem Land noch heute nicht verstehen. "Warum gibt es hier so etwas nicht?" Mit diesem "so etwas" meint er eine Schule, in der man von der Pike auf lernt, wie beschädigte Skulpturen restauriert werden. Zwar trifft es nicht zu, dass es derlei in Deutschland gar nicht gibt. Richtig ist aber, dass dieses Handwerk hierzulande kaum beachtet und oftmals von denen ausgeübt wird, die sich nicht hinreichend darauf verstehen.
Nicht so Nicolae Jernoiu - er ist gelernter Bildhauermeister und Restaurator und war in Rumänien 21 Jahre lang als Dozent an einer Schule für Bildhauerei, Architektur und Stadtteilplanung tätig. Vor 29 Jahren verließ er Bukarest und fand in Wuppertal eine neue Heimat. Er half etwa bei der Restaurierung der Historischen Stadthalle am Johannisberg und des Fritzsche-Hauses am Wall. Auch in Düsseldorf und Köln war seine Arbeit geschätzt - vielleicht sogar mehr geschätzt als in Wuppertal, wo die denkmalpflegerischen Maßnahmen bei ihm eben jenes Kopfschütteln auslösen.
Ein kritischer Blick an den Grabsteinen entlang eröffnet auch dem Laien, dass da manches aus dem Lot ist. Schauplatz: der Jüdische Friedhof an der Weißenburgstraße, wo auch die Eltern von Else Lasker-Schüler beigesetzt sind. Vandalismus zur Zeit der Judenverfolgung, aber auch nach dem Krieg haben der Stätte zugesetzt. Derzeit wird sie samt den beiden anderen jüdischen Friedhöfen Wuppertals restauriert - vorwiegend von Hartz IV-Empfängern.
Sie haben die alten Grabsteine auf neue Betonsockel gesetzt, allerdings keineswegs in Reih’ und Glied, wie es dem historischen Plan entsprechen würde. Zudem ist der Beton tief in die Erde eingegossen, so dass schnell wieder Feuchtigkeit in die Steine eindringen kann.
Jernoiu ist die einzige Fachkraft vor Ort. "Ich will der Stadt helfen", erklärt er, der seit fünf Jahren Rentner ist. "Ich bin zufrieden, wenn andere zufrieden sind." Mit diesem sympathischen Bekenntnis zieht der Rumäne bei gutem Wetter für sechs Stunden hinaus zum Friedhof und erhält dafür von der Stadt eine kleine Aufwandsentschädigung und Materialkosten. "Das hier kann heute kaum noch einer", sagt Jernoiu und zeigt auf Sandsteingebilde, die mit dem Meißel zu organischen Formen gehauen wurden.
Die Ehrfurcht vor solchen Arbeiten treibt den Restaurator zu äußerster Vorsicht mit dem Stein und seinen Inschriften. "Hart neben weich, das springt schnell", erläutert er mit Blick auf Marmorplatten. Deren Bruchstücke waren über den gesamten Friedhof verstreut.
Jernoiu hat sie aufgesammelt und die Puzzle-Stücke so verklebt, dass er die Platten wieder an ihrem ursprünglichen Ort installieren kann. Zum Abschluss folgt die Reinigung mit einem säurefreien Spezialmittel. "Ich habe lange gesucht, jetzt habe ich das geeignete Mittel gefunden." Zufrieden? Nur dann, wenn andere es sind.