Wuppertal Finanzschule ist Vorbild für Barrierefreiheit
Der Sozialverband VdK zeichnete die Landeseinrichtung jetzt mit einer Plakette aus.
Ronsdorf. Josefine Krefting (21) will Finanzbeamtin werden. Sie ist auf einen Rollstuhl angewiesen, aber das ist kein Problem. Denn sie absolviert ihre Lehrgänge in der Landesfinanzschule in Ronsdorf. Hier kommt sie mit ihrem Elektrorollstuhl überall hin und auch die Zimmer sind barrierefrei. Für die vorbildliche Ausstattung des Gebäudes überreichte der Sozialverband VdK am Montag dem NRW-Finanzminister als oberstem Hausherrn eine Plakette.
„Unser Dank dem Bauherrn“ ist auf dem Schild zu lesen, dazu ein Symbol für Rollstuhlfahrer zu sehen. Sie soll künftig am Eingang auf die besondere Auszeichnung hinweisen. „Wir vergeben diese Plakette nur selten“, betonte Horst Vöge, Vorsitzender des VdK-Landesverbands. „Nur beeindruckende Beispiele erhalten sie.“ Die Landesfinanzschule ist das sechste Gebäude in Wuppertal, das diese Plakette erhält (siehe Kasten).
Heike Herrig und Berthold Gottschalk vom VdK-Kreisverband hatten das Gebäude einen halben Tag lang überprüft und zogen das Fazit: „Eine in vorbildlicher Weise praktizierte Barrierefreiheit“ — was nun zur Übergabe der Plakette führte.
Minister Norbert Walter-Borjans wies auf den nötigen Perspektivenwechsel hin: „Viele Menschen sind nur deshalb ,behindert’, weil ihre Umgebung sie behindert.“ Man könne aber vieles so gestalten, dass möglichst viele Menschen ungehindert Zugang haben.
Er ist überzeugt, dass sich in dieser Hinsicht derzeit viel wandelt. Er habe zum Beispiel beim Kölner Rosenmontagszug erlebt, dass Wert darauf gelegt wurde, dass auch ein Rollstuhlfahrer auf einen der Wagen mitfahren konnte.
In der Landesfinanzschule absolvieren jeweils rund 360 Anwärter ihre Lehrgänge in der zweijährigen Ausbildung zum Finanzwirt. Der überwiegende Teil lebt für die jeweils drei Monate auch in dem Gebäude, nur wenige kommen täglich gependelt. Von den 360 Zimmern sind 30 Zimmer auf Rollstuhlfahrer ausgerichtet, 24 speziell für Menschen konzipiert, die sehbehindert oder blind sind. Hier wurde unter anderem auf große Farbkontraste Wert gelegt.
Sämtliche Zugänge sind ebenerdig und haben keinerlei Schwellen. Türen öffnen sich automatisch. Auf dem Gelände lenken Bodenplatten mit Rillen und Noppen sehbehinderte Menschen, im Gebäude sind es Klebestreifen mit einer rauen Oberfläche, die sich entweder in Schwarz oder Weiß kontrastreich vom Boden abheben. Auch die dunklere Einfassung von Türen erleichtert die Orientierung.
„Alle Ebenen sind mit dem Fahrstuhl erreichbar“, erläutert Adolf Creutz von der Liegenschaftsverwaltung bei einem Rundgang durch das Haus. Die Flure sind sehr breit, so dass sich auch Rollstuhlfahrer begegnen können. Kleine Höhenunterschiede sind durch Rampen ausgeglichen.
In den Aufzügen sind alle Tasten auch für Rollstuhlfahrer erreichbar, die Ziffern sind ertastbar. Eine akustische Ansage teilt mit, in welcher Etage man sich gerade befindet. Und in Notfällen kann eine Kamera zugeschaltet werden. Für Hörbehinderte gibt es einen Bildschirm, über den in Notfällen Information weitergegeben wird. Josefine Krefting freut sich, dass der Aufzug eine Sprachsteuerung hat und einen Spiegel an der Rückwand: „Damit ich sehen kann, wer draußen steht, wenn ich rückwärts rausfahre, und keinen umfahre.“