Gert Müller bleibt dem Rollfilm treu

Seit den 1930er-Jahren fotografiert der 89-Jährige mit Leidenschaft. Der Fotoclub Wuppertal ernannte ihn zum Ehrenmitglied.

Ronsdorf. Die Berge hatten es ihm damals angetan. Als Teenager bekam Gert Müller einen Kalender mit Ansichten aus den Schweizer Gebirgen in die Hand — und war fasziniert von den Fotos. „Die waren einfach beeindruckend“, sagt der heute 89-Jährige, den das Fotografieren seitdem nicht mehr losließ. Seine erste Kamera? „Das war natürlich eine Leica.“

Doch auch wenn Müller über die vielen Jahre einige Preise auf Ausstellungen abgeräumt hat, blieb die Fotografie ein Hobby. „Ein brotloses“, wie der gebürtige Barmer mit einem Schmunzeln erklärt. Seine Brötchen verdiente er in einem typisch Wuppertaler Gewerbe — in seiner Bandweberei. Im Fotoclub Wuppertal (siehe Infokasten) ist er sozusagen Gründungsmitglied — „und der einzige, der noch analog fotografiert“. Der Vorteil daran? „Ich bin total unabhängig.“ Einschließlich der fertigen Entwicklung läuft alles im Keller in Ronsdorf ab. „Wobei ich neulich gelesen habe, dass es Rollfilme eigentlich nur noch für Künstler gibt — also bin ich auch Künstler“, sagt Müller verschmitzt.

Mit den üblichen Schnappschüssen von Hobby-Fotografen haben seine Bilder jedenfalls nicht viel gemein. Sein Steckenpferd ist vor allem die Architektur. Ob Häuserschluchten in San Francisco und Hong Kong oder die Kühltürme in Hamm-Uentrop, Müller hat sie festgehalten. Meist in schwarz-weiß. Auch an Technik war er immer interessiert und zeigt eine Aufnahme von verschiedenen Oberleitungen. „Viele finden das bestimmt langweilig, für mich ist das fotografierenswert.“

In der Mappe mit seinen Lieblingsaufnahmen finden sich aber auch viele Fotos mit Menschen und Tieren, etwa Flamingos in Kenia, Netzflicker auf Mallorca oder das schöne Doppelporträt einer älteren Dame mit Hund, die in Paris den Blick aus dem Fenster genießt. Auch die allesamt in schwarz-weiß. Er erinnert sich aber auch noch gerne an seine Dias. „Das war etwas ganz Wunderbares, wie man damals die Farben festhalten konnte. Heutzutage hat kein Mensch mehr Lust auf Diavorträge.“

So viel Talent brauche man gar nicht, so Müller. „Ein bisschen Kreativität schadet natürlich nicht. Aber man kann lernen. Viele Dinge sieht man erst, wenn man schon länger fotografiert.“ Ein Ziel hat der Senior auf jeden Fall noch: Ein eigener Kalender, Arbeitstitel „Wuppertaler Wahrzeichen einmal anders“.