Orgel-Reihe: Vor dem Einkaufen noch ins Konzert

In Ronsdorf geht die „Orgelmusik zur Marktzeit“ ins neue Jahr. Im Sommer wird Jubiläum gefeiert: Der 150. Termin steht an.

Foto: Stefan Fries

Ronsdorf. Gerade hat Ben-David Ungermann die Schlussakkorde auf der Orgel in der St.-Joseph-Kirche gespielt, da schlägt die Kirchturmuhr zwölf Uhr. Genau auf die Minute und den Glockenschlag endet das kurze, halbstündige Konzert, das Ungermann am Samstag im Rahmen der Reihe „Orgelmusik zur Marktzeit“ gibt. Rund 25 Besucher danken dem Organisten mit Applaus und kleinen Spenden, trinken noch einen Kaffee und machen sich dann in das weitere Wochenende auf.

Der aus Erkrath stammende Organist tritt das erste Mal im Rahmen der Konzertreihe in der Ronsdorfer Kirche auf. Das Konzert sei „schön, aber auch gewöhnungsbedürftig“ gewesen, verrät er. Anders als normalerweise üblich sitzt der Organist in der St.-Joseph-Kirche nicht auf einer Empore, sondern hinter den Kirchenbesuchern, im rechten Winkel zu den Bänken. „Ich habe schon lange nicht mehr an einem Ort gespielt, an dem ich so nahe bei den Leuten sitze“, sagt er. Für ihn sei die Veranstaltungsreihe ein gutes Format, „um die Leute in die Kirche zu holen“.

Etwas ungewöhnlich ist die Akustik der Orgel zudem deshalb, weil der Musiker seitlich versetzt zu den Orgelpfeifen sitzt. „Das ist etwas schwer zu hören, weil der Klang sozusagen um die Ecke kommt“, erklärt Markus Brandt, der Organist der St.-Joseph-Gemeinde.

Er hat die Reihe „Orgelmusik zur Marktzeit“ 2003 aus der Taufe gehoben. Mittlerweile habe man einen konstanten Stamm von zehn bis 30 Besuchern erreicht, freut er sich. Das Mini-Konzert findet in der Regel jeden dritten Samstag im Monat statt, lediglich im Sommer fällt es einmal aus.

Im Oktober 2003 war Premiere der „Orgelmusik zur Marktzeit“, mittlerweile hat es 145 Konzerte von etwa einer halben Stunde gegeben. Vorbild für die Reihe seien damals ähnliche Angebote im Raum Braunschweig oder Mönchengladbach gewesen, sagt Brandt. In Wuppertal sei die „Orgelmusik zur Marktzeit“ seines Wissens nach einmalig.

Die auftretenden Musiker stammen aus der Stadt und der Region, bei der Auswahl der Musikstücke haben sie freie Hand. „Die Organisten können selbst wählen, was sie vorspielen wollen“, erklärt Brandt.

Ungermann hatte sich drei Stücke von Johann Pachelbel, Johann Sebastian Bach und Christian Friedrich Ruppe ausgesucht, die sich auf die eine oder andere Weise mit dem Thema „Jahresanfang“ befassen. Beim letzten Stück — dem „Finale in D-Dur“ von Ruppe — kommen auch die Horizontaltrompeten zum Einsatz, die in den Raum ragen und für eine ungewöhnliche Klangfarbe sorgen. Das erinnert den unbedarften Zuhörer ein wenig an Jericho, nur dass die Wände zum Glück nicht so stark zittern. „Diese sogenannten Spanischen Trompeten stammen aus der Barockzeit. Man hört sie bei den Stücken immer raus“, sagt Brandt.

1970 wurde die von der Firma Seifert aus Kevelaer gebaute Orgel der St.-Joseph-Kirche eingeweiht. Demnächst steht die Reinigung des Instruments an — „dieses oder kommendes Jahr“, sagt Brandt. Dann könne die Orgel für zwei bis drei Wochen nicht genutzt werden. Daher werde entweder ein Klavier genommen oder nur mit einem Teil der Orgel gespielt. Ziel sei, die Orgel zum großen Jubiläum — dem 50-jährigen Bestehen im Jahr 2020 — wieder auf Vordermann zu bringen.

Die Besucher des Konzerts sind eher etwas älter. Der mit Abstand jüngste Gast ist an diesem Samstag der sechsjährige Fabian, der mit seiner Oma gekommen ist. „Fabian findet die Musik sehr schön. Einmal hat ein Organist ihm sogar die Tasten erklärt“, sagt Großmutter Christiane Ross. Etwa fünfmal sei der Enkel schon mit gewesen. Sie selbst versuche, jeden Monat zu kommen.

Ein Dauerbesucher ist auch Stephan Ledermann. Wie oft genau er schon da war, weiß er nicht: „Über 100 Mal waren das bestimmt.“ Ihm gefalle zum einen die kurze Dauer: „Da kann man dann anschließend immer noch Einkäufe machen.“ Schön sei zudem, dass nach der Musik noch die Möglichkeit bestehe, mit den Gästen und dem Organisten bei Kaffee und Plätzchen zu plaudern.