Stoppt Rechtsgutachten die Seilbahn?
Bürgerinitiative und Gutachter zweifeln die Umsetzbarkeit des Projektes an. Die WSW warten den Ratsbeschluss im März ab.
Wuppertal. In seiner Märzsitzung muss der Stadtrat darüber entscheiden, ob die Planungen für den Bau einer Seilbahn vom Hauptbahnhof zu den Südhöhen fortgesetzt werden, oder ob das Projekt in den Schubladen verschwinden wird. Mitglieder der Initiative „Seilbahnfreies Wuppertal“ sprechen sich gegen die Pläne aus und wollen Gegenargumente liefern. „Wir stellen in unserem Protest die Betroffenheit von Anliegern nicht in den Vordergrund, sondern wollen mit Argumenten überzeugen“, sagt Antonino Zeidler, einer der Sprecher der Initiative. Wichtige Argumente soll vor allem ein Rechtsgutachten liefern.
Ist eine Seilbahn, die über bewohntes Gebiet geführt wird — was ein Novum in Deutschland wäre —, rechtlich durchsetzbar? Rechtsanwalt Jochen Heide von der Düsseldorfer Sozietät Patt — Fischer — Feuring — Senger hat im Auftrag von Wuppertaler Privatpersonen ein Rechtsgutachten erstellt, das in den kommenden Wochen veröffentlicht werden soll. Mit strittigen Projekten kennt sich der Düsseldorfer Anwalt aus, denn er hat mehrere Städte und Privatkläger erfolgreich im Streit um den Bau einer CO-Pipeline von Bayer vertreten.
Im Gespräch mit der WZ lässt er keinen Zweifel daran, dass er die rechtlichen Voraussetzungen für den Bau einer Seilbahn, die über Wohnhäuser führt, nicht gegeben sieht. „Wann ist schon einmal jemand enteignet worden, um auf seinem Grundstück eine Bushaltestelle zu bauen“, stellt Jochen Heide eine rhetorische Frage.
Mitglieder der Bürgerinitiative und weitere Anlieger hatten von einer faktischen Enteignung gesprochen, da die Seilbahntrasse direkt über ihre Häuser und Grundstücke oder nahe daran vorbei führen würde.
Der Veröffentlichung des Gutachtens will der Rechtsanwalt im Detail nicht vorgreifen, aber seine Kernaussage lautet: „Dass man eine Seilbahn gut findet, reicht als Begründung nicht aus, um Grundrechte wie das Recht auf Eigentum und Privatheit einzuschränken.“ Diese Einschränkungen seien nur bei existenziellen Belangen, wie zum Beispiel dem Bau einer Stromtrasse durchsetzbar. „Wenn in einer ganzen Region sonst die Lichter ausgehen würden, dann geht es um gewichtige Gemeinwohlinteressen“, sagt Jochen Heide. Diese Notwendigkeit könne er für das Seilbahn-Projekt nicht erkennen.
„Zwingende Gründe zum Bau der Seilbahn gibt es nicht. Die Universität und die Südhöhen sind sehr gut erreichbar, kein Fluss und keine Schlucht, müssen überwunden werden. Die Seilbahn kann nicht leisten, was sie soll, zumindest nicht in Wuppertal“, sagt Ralf Geisendörfer. Der CDU-Kommunalpolitiker berät die Bürgerinitiative und bezweifelt, dass sich das Projekt rechnet. „Wir haben einen großen Anteil von Mitgliedern, die gar nicht direkt betroffen sind“, sagt Antonino Zeidler.
In einer Informationsbroschüre hat die Initiative ihre Argumente zusammengestellt, darunter eine Ausarbeitung von Professor Marc Gennat, Hochschule Niederrhein, der zum Beispiel die Fahrzeiten der Studenten berechnet hat. Gennat kommt zu dem Ergebnis, dass die Seilbahn auf dem Weg zum Hörsaal nur eine Minute (12 statt 13 Minuten) Gewinn bringt. Dass beim Bau der Seilbahn Buslinien gestrichen würden, wird ebenfalls kritisiert. „Die Stadtwerke haben bisher leider nicht auf unsere Untersuchungsergebnisse reagiert“, sagt Antonino Zeidler.
Diesen Vorwurf weist Sabine Schnake, Projektleiterin der Wuppertaler Stadtwerke, zurück. „Die Broschüre wurde uns von der Initiative überreicht, aber das haben wir nicht als Prüfungsantrag verstanden. Wir werden erst dann tief ins Detail gehen, wenn im März der Stadtrat einen entsprechenden Ratsbeschluss gefasst hat“, sagt Sabine Schnake. Auch zu dem Rechtsgutachten der Bürgerinitiative würden die WSW erst dann mit eigenen Gutachten Stellung beziehen.