Streit um Schmerzensgeld nach Unfall landet vor Gericht
70-jährige Verursacherin wollte Strafbefehl über 450 Euro nicht zahlen.
Sprockhövel. Welch gravierende Folgen auch ein auf den ersten Blick glimpflich ausgegangener Verkehrsunfall haben kann, zeigte sich am Freitagmittag im Hattinger Amtsgericht. Anlass war der Zusammenprall eines Autos einer 70-jährigen Fahrerin mit einer 15 Jahre alten Fußgängerin, die im November den Zebrastreifen gegenüber der Sparkassen-Hauptstelle überqueren wollte. Die Jugendliche war dabei über die Motorhaube gerollt und auf den Asphalt geschleudert worden, wodurch sie Prellungen am ganzen Körper erlitt. Wie sehr der Vorfall die beiden Beteiligten auch heute noch mitnimmt, zeigte sich während der Verhandlung.
Während die sichtlich mitgenommene Unfallfahrerin kaum ein Wort herausbrachte und ihren Anwalt für sich sprechen ließ, brach die junge Geschädigte beim Wiedersehen mit der älteren Dame in Tränen aus. Dass man sich nun in einem Strafprozess begegnete, lag am Einspruch der 70-Jährigen gegen den Strafbefehl über eine Geldbuße in Höhe von 450 Euro. Der damit verbundene Eintrag ins Verkehrsregister und die dadurch verbundene Gefahr, ihren Führerschein verlieren zu können, wollten sie und ihr Verteidiger auf diese Weise abwenden.
„Meine Mandantin war langsam an den Zebrastreifen herangefahren, hat die Frau bei regnerischen Bedingungen und stark eingeschränkter Sicht jedoch schlichtweg übersehen“, bestätigte der Anwalt den Unfallablauf uneingeschränkt. Dabei habe seine Mandantin jedoch nicht die Sorgfaltspflicht verletzt. „Ich kann mich kaum noch daran erinnern. Ich weiß nur noch, dass ich mich umgedreht habe und nicht mehr reagieren konnte“, berichtete die als Adhäsionsklägerin anwesende Hauptzeugin. Zwei Wochen lang habe sie Rückenschmerzen gehabt, wobei sie sogar drei Tage in der Schule gefehlt habe. Darüber hinaus gab die 15-Jährige zu Protokoll, dass der Unfall für sie auch heute noch traumatische Folgen habe. So habe sie „immer wieder Angst“, wenn sie die Straße überquere und „zittere am ganzen Körper“, wenn sie an der Unfallstelle vorbeikomme.
Gericht und Staatsanwaltschaft kamen der Angeklagten schließlich mit einer auflagengebundenen Verfahrenseinstellung entgegen. Als Auflage setzte die Richterin eine sofortige Zahlung in Höhe von 500 Euro fest, die direkt als Schmerzensgeld an die Geschädigte zu zahlen sind. „Eine Möglichkeit, um den Frieden wiederherzustellen“, begründete die Richterin und verband damit die Hoffnung, dass es nicht noch zu einer Zivilklage kommen möge. Während die Angeklagte der Idee sofort zustimmte, kündigte der Anwalt der Geschädigten indes eine zivilrechtliche Klage an. „500 Euro sind als Schmerzensgeld nicht angemessen, zumal die Versicherung gerade mal 150 Euro gezahlt hat“, kommentierte der Rechtsbeistand den richterlichen Vermittlungsversuch.