Syrer steht Flüchtlingen zur Seite
Ferhad Battal (36) aus Aleppo kam 2014 nach Deutschland und wollte sich so schnell wie möglich integrieren. Nun hilft er bei der Caritas anderen Zuwanderern.
Wuppertal. Als sich die Todesdrohungen gegen Jesiden in seinem Heimatdorf häuften, beschloss die Familie, dass Ferhad Battal das Land verlässt. In Wuppertal angekommen wollte er nicht untätig bleiben. Begabung, Engagement und Glück führten ihn innerhalb von zwei Jahren zu einer Anstellung bei der Caritas — als Flüchtlingsberater.
In seinem alten Leben managte der studierte Wirtschaftswissenschaftler die Finanzen einer Behinderteneinrichtung in Aleppo. Regelmäßig besuchte er seine Eltern, die zwei Stunden entfernt auf dem Land wohnten. Bei den Straßenkontrollen musste er als Jeside zuletzt seine Identität verbergen. „Für die Islamisten sind wir Ungläubige.“
Als er sich zur Flucht entschlossen hatte, ging er zunächst nach Istanbul. Zwei Schwestern und zwei Brüder, die schon lange in Deutschland leben, drängten ihn, zu ihnen zu kommen. Einen Schlepper zu bezahlen, kam für ihn aber nicht in Frage. Als sich dann die Gesetze änderten, konnte er 2014 auf Einladung seines Bruders einreisen.
„Der Anfang war sehr, sehr schwierig“, erinnert er sich. „Ein fremdes Land, eine fremde Sprache.“ Besonders schwer sei es gewesen, nicht zu arbeiten: „Ich habe immer gearbeitet.“ Sein Bruder bezahlte den ersten Deutschkurs, weitere folgten. Er jobbte bei McDonald’s und suchte sich eine ehrenamtliche Aufgabe. Er ging zur Caritas, weil er diese Organisation aus Syrien kannte. In einem Projekt zur Flüchtlingsbetreuung übersetzte er kurdisch, arabisch und englisch.
Dann betreute er Flüchtlinge in der Unterkunft Hufschmiedstraße, half auch in der Verwaltung. Nach Schließung des Heims stellte ihn die Caritas im Internationalen Begegnungszentrum als Flüchtlingsberater-Assistent ein. „Ich bin für das Vertrauen ewig dankbar“, wird er nicht müde zu versichern, zählt die Kolleginnen auf, die ihn unterstützt haben.
Jetzt erklärt er anderen Flüchtlingen, wie sie zu Verwandten in Deutschland kommen, hilft, wenn sie wieder in ihr Heimatland zurückkehren. Noch holt er sich oft Hilfe von erfahrenen Kollegen: „Ich lerne jetzt die Gesetze kennen, sammle Erfahrungen.“
Viele Geschichten nimmt er mit nach Hause. Wie die von dem Paar, das vor vier Monaten ein Kind bekam. Bis heute hat es keine Geburtsurkunde, denn bei der Registrierung haben beide ihre Pässe abgegeben. Wo sie sind, ist nicht zu klären. „Sie haben keine Ruhe, weil sie nicht beweisen können, dass es ihr Kind ist.“
Es gibt auch schöne Erlebnisse: Das Flüchtlingspaar, das eines Tages in seinem Büro stand, keinen Schlafplatz hatte. Er konnte helfen, später fand sich eine Wohnung. „Sie danken mir jedes Mal zehn Minuten, wenn sie mich sehen.“
Ebenso dankbar war der junge Iraker. Als er hörte, dass seine Eltern zu Hause verhaftet sind, wollte er so schnell wie möglich in den Irak zurück. Ferhad Battal konnte seine Ausreise ganz schnell organisieren. „Er hat mich umarmt, sagte: ,Das vergesse ich nie’.“
Die Dankbarkeit der Menschen findet er beglückend. „Das kannte ich bei meiner vorigen Arbeit nicht.“ Dennoch würde er auch gern wieder in seinem Bereich arbeiten — „wenn ich ein gutes Angebot kriege.“ Bis dahin bildet er sich weiter: Seit März ist er im Master-Studiengang „Interreligiöse Dialog-Kompetenz“ an der katholischen Hochschule in St. Augustin eingeschrieben, geht nach der Arbeit noch die Unterlagen durch. Denn ihm ist wichtig: „Ich will mich weiter entwickeln.“