Zum Erntedankfest „Talbuddeln“ im Wuppertaler Garten der Religionen
Wuppertal · Zum Erntedankfest hat die Initiative neue Bäume gepflanzt – das Gelände an der Trasse soll den Glaubensrichtungen gemäß gestaltet werden.
Seit einigen Jahren ist es ein schöner Brauch der Initiative „Talbuddeln“, am Tag der Deutschen Einheit mit dem Pflanzen von Bäumen für mehr Grün im Tal zu sorgen. In diesem Jahr bot es sich an, diese Aktion im „Garten der Religionen“ nach Wichlinghausen durchzuführen, denn dort soll demnächst eine Stätte der Ruhe, des gegenseitigen Respekts und der Toleranz entstehen. Obwohl gerade die unterschiedlichen Religionen schon seit Jahrhunderten Anlass für Konflikte und Kriege gewesen sind (oder gerade deswegen) feierte man dort am 3. Oktober mit einem umfangreichen Programm von 11 bis 18 das Erntedankfest. Sinnbildlich für die Früchte des Gartens und des Feldes hatte man Körbe mit Kürbissen, Maiskolben und Obst aufgestellt.
Die beiden ehemaligen Eisenbahner-Schrebergärten waren von der Markusstraße, der Andreas-Hofer-Straße und von der Nordbahntrasse zugänglich und hatten schon gleich am Donnerstagmorgen trotz einstelliger Temperaturen viele Besucherinnen und Besucher angelockt, die zunächst zusahen, wie die Jüngsten die Latten eines „Religionszauns“ bepinselten. Mit Symbolen der zehn im Garten vertretenen Glaubensrichtungen und den vielen Farben des Regenbogens.
Ebenso vielfältig soll auch der Garten gestaltet werden, der zwar offiziell „Richtfest“ feierte, doch diese Bezeichnung bat Dieter Bieler-Giesen eher symbolisch zu betrachten, denn noch ist dort kein zusätzliches Gebäude errichtet. „Wir sehen das eher so, dass hier schon vieles bewerkstelligt wurde, aber noch nicht fertig ist. So wie auch die geplante Hütte, in der die einzigen Religionen Veranstaltungen im Geiste ihres jeweiligen Glaubens abhalten können.“ Bieler-Giesen hat zusammen mit dem Helfer-Team mit Anne Wiechmann, der Vorsitzenden des Vereins „Garten der Religionen e.V.“, schon feste Vorstellungen, wo Christentum, Judentum, Islam oder Buddhismus, Hinduismus, Alevitentum oder Baha`i und Ezidentum ihr spezielles „eigenes Reich“ im Gartengelände haben werden, auf dem sie – wenn möglich – die Gewächse anpflanzen werden, die für ihre Religion typisch sind. Unter anderem auch Feigen, Datteln und sogar Bananen, was im Zeichen des Klimawandels keine Utopie mehr ist. Wachsen sollen dort aber auch Weinreben, Gerste und Weizen.
Das alles soll geschehen in einem wertschätzenden Umgang miteinander, wie Pfarrer Michael Grütering bei der kurzen „interreligiösen“ Andacht betonte, die von vielen Zuhörerinnen und Zuhörern unter dem mächtigen Ahorn verfolgt wurde. Der Geistliche sieht in dem Garten der Religionen eine „Ahnung vom Paradies“, einem Fleck unter dem gemeinsamen Himmel, auf dem wir als Geschöpfe Gottes Frieden und Toleranz erleben sollen. „Wir begehen diesen Tag mit einem Dank an den Schöpfer“, so Grütering und meinte damit nicht nur Essen und Trinken, sondern die Erlebnisse des Tages. „Erntedank wird seit Jahrtausenden gefeiert“, erfuhr die aus vielen unterschiedlichen Gläubigen bestehende Gemeinde, die dann mit Begleitung von Akkordeon und Klarinette unter anderem auch die passende Liedstrophe „Danke für diesen guten Garten“ intonierte und vorher Sherlin mit einem Dankesgebet aus Bahai ì, einer Religion, die Moses, Jesus und Mohammed als Boten desselben Gottes ansieht. Teil dieser Andacht war auch der Religionspädagoge Andreas Tauscher, der einerseits zum Buddhismus gefunden hat, andererseits auch in anderen Glaubensrichtungen zuhause ist und mit der Zuhörerschaft unterschiedliche Dankesgesänge einübte und sang.
Währenddessen waren mit Eva Miriam Fuchs, Claudia Tust-Follmann und Michael Felstau „Talbuddler“ auf den Plan getreten und hatten drei Schößlinge aufs Grundstück gebracht, denn schließlich sollte die „Pflanz-Party“ einer der Höhepunkte der fröhlichen Feier werden.
Angesichts der derzeitigen Krisen und kriegerischen Konflikte auf der Welt wird mancher das Martin Luther zugeschriebene Zitat „Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, so würde ich dennoch heute ein Apfelbäumchen pflanzen“ gedacht haben, als Michael Felstau – der nicht nur bei „Talbuddeln“, sondern unter anderem auch bei „Wuppertals urbane Gärten“ ehrenamtlich tätig ist – den Apfelbaum und eine junge „Knorpelkirsche“ vorstellte, die mit Hilfe eines Spatens im Garten der Religionen eine neue Heimat finden soll.
Des Weiteren ist die Pflanzung eines Granatapfelbaums geplant. Doch da der besonders viel Wärme braucht, müssen noch einige Voraussetzungen geschaffen werden.
War vorher vor allem für die Jüngsten Stockbrot am offenen Feuer gebacken worden, so schloss sich an die stimmungsvolle Veranstaltung ein „Danke-Grillen“ für Ehrenamtler und Gäste an. Wer dabei voller Sorge auf die düsteren Wolkengebilde am Himmel blickte, den beruhigte Anne Wiechmann mit der Weisheit der Vorsitzenden: „Heute bleibt es trocken.“ Und genauso geschah es.