Tischlerei restauriert Engels-Möbel
In Daniel Otterbeins Werkstatt sind derzeit einige historische Schätze zu finden. Bis zur Neueröffnung des Engels-Zentrums im Jahr 2020 sollen sie wieder hergerichtet werden.
Cronenberg. Wer die Tischlerei Otterbein am Schulweg betritt, der fühlt sich sofort wie im Werkraum. Überall stehen Holzteile und Geräte herum. Es riecht nach Holzspänen und Lösemittel. Im hinteren Teil der langen, etwas verwinkelten Halle ragt eine ganze Treppe aus Holz in Richtung Decke. Im Nebenraum wird gerade an einem alten Holzschrank gearbeitet. Die Tischlerei hat sich auf die Restaurierung historischer Möbel spezialisiert. „Wir machen zu etwa 70 Prozent Restaurierungen und zu 30 Prozent normale Schreinerarbeiten“, sagt Inhaber Daniel Otterbein (44). Neuestes Projekt: die Restaurierung der historischen Möbel aus dem Engelshaus. Denn bis zum 200. Geburtstag von Friedrich Engels im November 2020 soll nicht nur das Engelshaus selbst restauriert werden, sondern auch dessen Möbel.
Dazu habe er mit seinem Team erst einmal eine Bestandsaufnahme aller Antiquitäten im Engelshaus gemacht, erzählt Otterbein. Dabei habe man das Alter der Möbel einschätzen und Gutachten erstellen müssen. Denn über die Jahre sei im Engelshaus eine sehr unterschiedliche Sammlung von Möbeln zusammengekommen. Eine ganze Reihe davon seien tatsächlich wertvolle Antiquitäten aus der Zeit um das Jahr 1700, sagt Otterbein. Zum Teil handele es sich aber auch um einfache Nachbauten oder schlicht Möbelspenden, die keinen historischen Wert hätten. „Da wurden einfach aus Wandvertäfelungen Tische hergestellt“, sagt Otterbein. Doch immerhin gut 40 Möbelstücke seien wirkliche Antiquitäten — von Wanduhren über Barockschränke bis hin zum Biedermeier-Sofa. Das Sofa haben Otterbein und sein Team gerade restauriert. „Da hat sich ein japanischer Tourist draufgeworfen, so dass es komplett durchgebrochen ist“, erzählt Otterbein mit einem Grinsen. Die Absperrung der alten Möbel im Engelshaus habe den Mann offenbar nicht davon abgehalten.
Was tun Otterbein und sein Team in solchen Fällen? Sie setzen ein neues Stück des gleichen Holzes ein — und zwar möglichst kleinflächig. Je weniger neues Material, umso besser, ist die Devise. Mitarbeiter Thomas Muth (48) zeigt das Vorgehen am Beispiel einer alten Kommode aus Mahagoniholz. An mehreren Kanten ist Holz abgesplittert. Muth schleift zunächst die beschädigten Stellen vorsichtig ab. Dann erhitzt er auf einer alten Herdplatte Knochenleim und klebt die neuen, noch unbehandelten Holzstücke fest. „Normaler Leim würde nicht bis in die Dübelverbindungen hineinkriechen und das Stück würde nicht halten“, erklärt Muth. Nach dem Trocknen wird zum Schutz Schellack aufgetragen. Den Lack stellt Muth selbst aus Schellackstücken her. „Sie stammen aus der Chitinschicht der Blattlaus“, erklärt der 48-Jährige. Die Stücke werden zunächst in Alkohol aufgelöst und dann mit Spiritus verdünnt. Der Schellack wird dann mit einem Ballen aus einer Socke mit Bimsmehl in der zum Holz passenden Farbtönung poliert. Nach dem Trocknen des Schellacks wird der Schrank dann noch mit etwas Wasser angefeuchtet und dann vorsichtig mit Feinschleifpapier in eine Richtung geschliffen. „Maschinen schleifen in alle Richtungen, da hätten wir nicht so ein feines Ergebnis“, erklärt Muth. „Es ist wichtig, mit gleichmäßigem Druck zu polieren, sonst kann man wieder von vorne anfangen“, sagt sein Chef Daniel Otterbein. Drei bis vier Wochen dauert die Restaurierung eines solchen Möbelstücks. Die Kosten können da schon einmal schnell im hohen vierstelligen Bereich landen.
Die Schreiner sind mit Begeisterung dabei. „Da geht jedem Handwerker das Herz auf“, findet Thomas Muth. Umso mehr, wenn es sich um Möbel aus Wuppertal handelt. „Das ist lebendige Geschichte, die wir aus dem Dornröschenschlaf wecken können“, findet Daniel Otterbein. Der 44-Jährige hat die seit 1935 bestehende Schreinerei in Cronenberg von seinem mittlerweile 82-jährigen Vater Hermann Otterbein übernommen. Und Jan Otterbein arbeitet gerade an seinem Gesellenstück, um die Schreinerei vielleicht einmal zu übernehmen. „Es ist schön, wenn es weitergeht“, sagt Hermann Otterbein, der zwischendurch gerne mal in der Schreinerei vorbeischaut. Die Möbel aus dem Engelshaus werden Daniel Otterbein und sein Team nun nach und nach restaurieren. Damit hinterher wieder alles aussieht, als wäre es aus dem Jahr 1730 konserviert worden. Wobei: Ein bisschen dürfe man schon sehen, dass restauriert wurde, sagt Otterbein.