Tony Cragg: "Der Skulpturenpark ist kein Vergnügungspark"

Der Bildhauer spricht über den Skulpturenpark und die Pläne zu dessen Erweiterung.

Herr Cragg, vor fast drei Jahren, im September 2008, haben Sie Ihren Skulpturenpark an der Hirschstraße eröffnet. Wie entwickeln sich die Besucherzahlen?

Tony Cragg: Im ersten Jahr hatten wir mehr als 30 000 Gäste, im zweiten waren es genauso viele — aber auch nicht mehr. Das Wetter war im vergangenen Jahr schlecht. Wir haben gemerkt, dass der Skulpturenpark wetterabhängig ist. Es war entweder sehr regnerisch oder brütend heiß. In diesem Jahr hat das Wetter bisher ganz gut mitgespielt, deshalb rechnen wir am Ende mit mehr Besuchern als in den Vorjahren.

Ist es ein vorrangiges Ziel, mehr Besucher in den Park zu locken?

Cragg: Wir sind sehr geduldig und haben es nicht eilig. Der Skulpturenpark ist kein Vergnügungspark. Wir sind ein Kulturzentrum und kein Entertainment-Betrieb. Der Park zeichnet sich durch Qualität aus. Das ist ja auch das Schöne: dass es nicht überlaufen ist.

Woher kommen die Gäste?

Cragg: Ein guter Anteil sind Wuppertaler. Wir sehen allerdings mit Freude, dass immer mehr Besucher von überall her kommen — aus ganz Deutschland, aber auch aus den Niederlanden, Frankreich, Belgien oder Italien. Kürzlich hatten wir einen Bus voller Japaner.

Zurzeit zeigen Sie Arbeiten von Norbert Kricke.

Cragg: Ja, die Ausstellung wird so gut angenommen, dass wir sie bis September verlängern.

Welche Künstler möchten Sie danach präsentieren?

Cragg: Wir werden im Herbst eine Ausstellung mit zwei Künstlern zusammen machen — mit Alexander Calder und Carl Andre. Ich würde auch sehr gerne eine Ausstellung mit Giuseppe Penone machen. Im März 2012 haben wir dann eine Ausstellung mit nigerianischer Skulptur. Es besteht ebenfalls die Möglichkeit, eine Ausstellung mit Werken Henry Moores zu zeigen — und auch den Künstlerarchitekten Constanz finde ich spannend und interessant.

Sie erhalten sicherlich auch viele Anfragen von Künstlern, die ihren Namen selbst in den Ring — oder, besser gesagt, den Wald — werfen und genau dort gerne ausstellen möchten.

Cragg: Das stimmt. Aber die meisten, die mich ansprechen, möchte ich nicht ausstellen. Ich möchte das Ausstellungsprogramm gerne über Jahre hinweg auf einem bestimmten Niveau halten.

Neben den Ausstellungen sind auch die Konzertreihen im Skulpturenpark längst zu einer Marke geworden.

Cragg: Ja, es ist mir immer noch schleierhaft, wie Ernst Dieter Fränzel, der künstlerische Leiter, der „Klangart“-Reihe, es schafft, dass Weltstars wie Omar Sosa hierher kommen. Aber auch die „Tonleiter“-Reihe, die Gerald Hacke organisiert, wird gut angenommen — so gut, dass wir überlegen, sie auszubauen.

Und der Park selbst? Wie geht es dort weiter?

Cragg: Der Park bekommt einen solchen Zuspruch, dass ich ihn erweitern möchte. Ich fände es schön, wenn wir im Park mehr Werke von anderen Künstlern hätten. Ich bin gerade dabei, zusätzliche Arbeiten zu organisieren. Der Park würde besser funktionieren, wenn er sich auf ein größeres Areal erstrecken könnte. Die Möglichkeit dazu hätten wir: Wir könnten fünf weitere Hektar Wald nutzen. Die Stadt und die Bevölkerung müssen dies aber gutheißen. Das ist ein politischer Prozess. Bis jetzt gibt es positive Äußerungen, aber wenig Tatsachen.

Wie ist der aktuelle Stand?

Cragg: Wir wünschen uns eine Erweiterung. Ich bin bereits dabei, für die fünf Hektar neue Arbeiten zu produzieren.

Und wenn es für die Erweiterung am Ende kein grünes Licht geben sollte?

Cragg: Dann gibt es Alternativen. Wenn es hier keine Möglichkeit gibt, die Skulpturen zu zeigen, dann gibt es sie anderswo.

Was planen Sie konkret?

Cragg: Neben der Parkerweiterung auch eine zweite Ausstellungshalle an der Buschstraße. Dort soll es drei neue Präsentationsräume, eine Terrasse und eine permanente Ausstellung zur Entwicklung der Bildhauerei geben — mit Zeichnungen, kleinen Skulpturen und einer filmischen Dokumentation.

Hätten Sie, als Sie nach Wuppertal kamen, gedacht, dass Sie hier so lange bleiben würden?

Cragg: Nein, das hatte ich 1977 sicherlich nicht erwartet.

Was gefällt Ihnen denn an Wuppertal?

Cragg: Ich mag Städte, die eine Topographie haben — die bergig sind. Das macht eine Stadt aufregend für mich. Ich finde das wunderbar hier — die Höhenlage im Vergleich zur Umgebung ist doch toll. Sie sorgt für eine wunderbar klare Luft. Dafür regnet es dann halt häufiger, aber das mag ich letztendlich auch.

Der Regen und die Höhenlage sind sicherlich nicht die einzigen Aspekte, deretwegen Sie Wuppertal in all den Jahren die Treue gehalten haben.

Cragg: Wuppertal ist eine Stadt, die immer im Wandel ist — im positiven wie im negativen Sinne. Wir beschweren uns über das Wetter, wir beschweren uns über alles. Dabei haben wir ein einmaliges Tanztheater, ein hervorragendes Orchester, ein weltweit hoch angesehenes Museum, ein rege zeitgenössische Musikszene, speziell eine Jazzszene, um die uns andere beneiden können, und viele andere Dinge, die weit über der Qualität einer mittelgroßen Stadt liegen. In Wuppertal hat man das Gefühl, ein erfülltes Leben zu haben. Es muss nur erhalten werden.

Als Sie den Skulpturenpark eröffnet haben, sagten Sie, dass damit ein Traum Wirklichkeit werde. Welche Träume haben Sie noch?

Cragg: Habe ich das gesagt? Ich meinte statt „Traum“ wohl eher, dass eine Vorstellung Wirklichkeit wurde. Es kam auf mich zu und war kein Ziel, das ich im Leben hatte.

Wann, meinen Sie, könnten die Ausstellungsräume konkret Form annehmen?

Cragg: Das kann ich noch nicht sagen. Es gestaltet sich derzeit sehr schwierig. Eine zweite Halle und die Erweiterung — das sind meine Ziele. Ob sie erreicht werden, ist noch unklar. Ich stehe jedenfalls in den Startlöchern.

Hören Sie dabei auch auf Wetterfrösche?

Cragg: Nein, ich schaue keinen Wetterbericht. Es kommt, wie es kommt. Das ist meine Lebenseinstellung.