Tribünen-Duell endet 4:4

Die WZ gibt beim Gastspiel des WSV in Uerdingen die Schiedsrichterin zwischen Wuppertals Oberbürgermeister Andreas Mucke und Krefelds OB Frank Meyer.

Foto: Dirk Jochmann

4:0 ist 4:0. Da gibt es nichts zu diskutieren. Das halbherzige Gemurmel von „zwei Tore zu hoch“ ist die letzte Renitenz des Besiegten, der sich an diesem sonnigen Samstag in der Krefelder Grotenburg besser schlägt als die Orangenen auf dem Feld. Sein Gastgeber singt, lässt sich gratulieren. Und dazwischen sitzt die WZ, als Schiedsrichterin eines besonderen Tribünen-Duells am Rande des Fußball-Regionalliga-Schlagers KFC Uerdingen gegen den Wuppertaler SV.

Wuppertals Oberbürgermeister Andreas Mucke und sein Krefelder Pendant Frank Meyer verbindet mehr als das Parteibuch oder die erste Amtszeit als Großstadt-Boss. Es ist die Liebe zum Fußball, von Kindesbeinen an. Jeweils zum Heimatverein, Erbgut. Muckes Sohn steht heute auf der Gegengeraden bei den WSV-Ultras. Und Meyer, der ist sogar ein bisschen verrückt. Natürlich ist der Uerdinger Jung´ Zeitzeuge des Europapokal-Wunders von der Grotenburg, des 7:3 gegen Dresden im Viertelfinale. 1986 war das, unvergessen ist es. Heute ziehen Meyers Nachbarn in Fischeln schon mal die Rollläden runter, wenn seine zweite Liebe, der FC Liverpool spielt.

Aber Meyer kann auch Florett. Prophetisches Florett. „Ihr werdet euch ja heute nicht so peinlich abschlachten lassen wie Aachen beim 0:4 gegen Viktoria Köln?“, provoziert er. Mucke kontert präventiv, dass alle in der Wuppertaler „Supertruppe bis auf zwei Profis einem Job nachgehen müssen. Das ist ein wenig anders als bei euch.“ Unten sind noch keine Tore gefallen, auf der Tribüne steht es bereits 1:1.

Der WSV geht ganz ordentlich zur Sache. Als der bullige Stürmer Kramer zum ersten Mal einen KFC-Verteidiger auf den Rasen legt, fragt Wuppertals OB seinen Kollegen: „Warum ruht der sich da aus?“

1:2.

Meyer dreht das Sitzduell innerhalb weniger Minuten. Er schwärmt von seinem KFC. Vom guten Griff mit Trainer Krämer, von der Abwehr, die „eine unglaubliche Ruhe ausstrahlt. Übrigens Andreas, warum spielt ihr eigentlich in Holland-Trikots? Das ist kein gutes Omen, oder?“ 2:2. Unten schiebt Maxi Beister eine Musculus-Vorlage ins Netz und Meyer schenkt, nachdem er sich beruhigt und das direkte Umfeld abgeklatscht hat, seinem Gast ein vergiftetes „Das tut mir leid“.

3:2.

Mucke lächelt. „Das ist System bei uns. Erst bekommen wir einen rein, dann geht’s los.“ Was losgeht in dieser Phase ist Wuppertaler Härte. Mal wieder liegt ein Krefelder. Als nach ziemlichen langen Sekunden klar ist, dass es ohne Probleme weitergeht, fragt Wuppertals oberster WSV-Fan den Uerdinger: „Sag mal, spielt ihr jetzt schon auf Zeit?“

Tribünen-Ausgleich, 3:3.

Nach der zweiten verletzungsbedingten Auswechslung beim KFC hat Meyer dann doch nochmal eine Frage zum Wuppertaler System. „Macht ihr das immer so?“

4:3

Meyer, der bester Stimmung anmerkt, es werde jetzt mal Zeit für sein Lieblingskurvenlied. Welches das ist, soll der Gast aus Wuppertal mal abwarten. Mucke rät: „Nie mehr vierte Liga.“

Der sitzt, 4:4.

Unten steht es 2:0 für Uerdingen, Meyer bekommt sein Kurvenlied und schmettert es inbrünstig, selbstverständlich handelt es vom Europapokal. Die „Holländer“ werden nicht mehr richtig gefährlich, Mucke stellt fest: „Das Ding ist gelaufen.“ Hinzu kommt die Info über die schwere Verletzung von Mario Erb, die bei beiden OBs auf die Stimmung drückt. Am Ende ist ja nur Fußball.

Andreas Mucke ist politisch klug genug zu wissen, dass seine Wuppertaler auf dem Rasen heute keine Steilvorlagen mehr geben werden für die eine oder andere verbale Hütte, er bringt das Tribünen-Remis über die Zeit. Auf dem Feld steht es 4:0, die KFC-Fans höhnen in Richtung WSV-Block: „Ihr habt bezahlt, ihr könnt jetzt geh’n“.

Mucke tut das schließlich. Er will wiederkommen, aber erst in zwei Jahren. „Steigt ihr mal auf“, gratuliert er seinem Amtskollegen Meyer. „Ich drück die Daumen. Dann ist für uns in der nächsten Saison der Weg frei und 2020 gibt es die Revanche.“ Ein fairer, lustiger, bisschen geknickter Gast. Darf wiederkommen.