Umgang mit Neonazis: Polizei wehrt sich gegen erneute Kritik

Studie nennt Wuppertal Neonazi-Hochburg und wirft Ermittlern Untätigkeit vor.

Wuppertal. Der Fall liegt mehr als zwei Jahre zurück: Am 30. November 2010 sollen 15 Personen, die der Neonazi-Szene zugerechnet werden, Besucher eines Aufklärungsfilms über Neonazis am und im Cinemaxx-Foyer angegriffen haben. Wie berichtet, hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen zehn der verdächtigen Personen erhoben. Derzeit prüft das Amtsgericht, ob und wie die Anklage zugelassen wird.

Was strafrechtlich bei einem möglichen Prozess herauskommt, ist noch offen. Das Gericht hat noch nicht abschließend über die Zulassung der Anklage entschieden. Der Cinemaxx-Fall sorgt aber erneut dafür, dass Wuppertal bundesweit in den Negativschlagzeilen ist. In einer von der Berliner Amadeu-Antonio-Stiftung herausgegeben Studie wird Wuppertal als Neonazi-Hochburg bezeichnet und den Ermittlungsbehörden Untätigkeit vorgeworfen. Titel der Studie: „Staatsversagen. Wie Engagierte gegen Rechtsextremismus im Stich gelassen werden. Ein Report aus Westdeutschland.“

Angesichts der Fundamentalkritik in der Studie verweist die Polizei auf das Ende 2011 aufgelegte Projekt „Hellwach — gegen Rechtsextremismus“. Wie berichtet, zogen die Ermittler Ende 2012 in einer öffentlichen Pressekonferenz Bilanz: Demnach nahm die Polizei die Neonazi-Szene in Wuppertal mit hohem personellen Aufwand in den Blick und legte unter anderem eine Art Neonazi-Datei an. Etwa 70 Personen sind in der Kartei erfasst. Durch diese Registrierung und stetigen Kontrolldruck habe es einen signifikanten Rückgang extremistischer Straftaten in der Stadt gegeben. Diese Fakten seien in der Studie jedoch nicht zu finden, kritisiert die Wuppertaler Polizei.

Präsidentin Birgitta Radermacher: „Die deutliche Reduzierung der Gewaltdelikte im Jahr 2012 zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“ Menschenverachtendes Denken sei zudem ein „gesamtgesellschaftliches Problem, das uns noch lange beschäftigen wird.“ Die Kreispolizeibehörde Wuppertal werde weiterhin ihren Teil dazu beitragen, „den braunen Sumpf trocken zu legen“.

Dass die Wuppertaler Hellwach-Bilanz der Polizei nicht in die Studie eingeflossen sei, erklärte die Autorin am Donnerstag gegenüber der WZ damit, dass man Versäumnisse bei den Ermittlungen im Cinemaxx-Fall habe darstellen wollen. Wie berichtet, hatte die Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich das Verfahren eingestellt. Dagegen gab es vom Medienprojekt Protest und eine Liste mit Augenzeugen, die dann auch gehört worden sein sollen. Den Durchbruch bei den Ermittlungen habe aber die Vernehmung eines Tatverdächtigen in einem Neonazi-Verfahren in Koblenz durch Ermittler aus Wuppertal gebracht.