Verbraucherzentrale fördert die Energierevolution im Kleinen
200 Ortstermine im Jahr drehen sich um den Umgang mit Energie. Bei einem Stammtisch kann diskutiert werden.
Wuppertal. Im Jahr, in dem Deutschland im Zeichen der Reaktorkatastrophe von Fukushima über die Energiewende vor der eigenen Haustür diskutiert, ging bei der Verbraucherzentrale in Wuppertal ganz unspektakulär ein kleines Jubiläum über die Bühne: Im Oktober lud sie zum mittlerweile 50. „Stammtisch Energie“ ein. Und gerade der steht für langfristiges Umdenken jenseits aller (Katastrophen)-Eilmeldungen.
Drehte sich Stammtisch Nummer 49 um Windturbinen auf Hausdächern — auch sie sind auf einen Schlag in den Blick der großen Öffentlichkeit geraten — stellt sich beim Treffen bei der VHS an der Auer Schulstraße zuletzt die Dachdeckerinnung vor — mit Informationen rund um das Thema Wärmedämmung.
Hinter der Wuppertaler Themenreihe steht mit Energieberater Stefan Bürk ein Mitarbeiter der Verbraucherzentrale, der sich seit mehr als 20 Jahren mit genau jenen Themen befasst, die viele Haus- und Wohnungsbesitzer gerade jetzt beschäftigen.
Aber auch der Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik ist weit davon entfernt, mit Blick nach Japan von einer Energierevolution zu sprechen. „Natürlich ist die Argumentationslinie jetzt eine andere“, sagt Bürk im Gespräch mit der WZ. Tatsache sei aber auch, dass Aktionismus immer auch für „überzogene Erwartungen“ sorge, die an regenerative Energien oder auch an die Fassadendämmung herangetragen werden.
Diese Einschätzung zieht Bürk mit seinem Team der Verbraucherzentrale aus 100 bis 200 Ortsterminen, bei denen er Wuppertaler Immobilienbesitzer Jahr um Jahr über Möglichkeiten des Energiesparens informiert. Viel Überzeugungsarbeit sei bei den Beratungen nicht zu leisten — dafür sorgen allein schon die nach und nach verschärften Bauvorschriften, die Wärmedämmungen und einen effizienteren Umgang mit Energie erzwingen.
„Die Sorgen der Hausbesitzer kann ich gut verstehen, wenn es darum geht, das alles dann zu bezahlen“, sagt Bürk. Oft sei erst einmal festzuhalten, dass an erster Stelle beim Energieverbrauch angesetzt werden muss und die Frage nach der passenden Energiequelle zunächst zweitrangig ist. Auch sei zu beobachten, dass sich die Nachfrage nach Ökostrom in den ersten Monaten nach Fukushima schnell wieder gelegt hat.
Zur Herausforderung wird in Wuppertal der große Bestand an Altbauten und zur Chance für die Sonnenenergie die Hanglage vieler Häuser. Bei aller Zurückhaltung sieht Bürk dennoch eine deutliche Entwicklung: Galt man in den 70er Jahren als Energiesparer noch als Exot und wurde als Sympathisant der Windenergie „noch mit großen Augen angesehen“, sind diese Themen längst in der breiten Öffentlichkeit angekommen — über alle Altersgrenzen hinweg. Und das Windrad am Schepershof bei Neviges, an dem er einst Messungen vorgenommen hat, dreht sich nach wie vor.