Verhindert ein EU-Urteil Neubauten in Wuppertal?
Nach einer Entscheidung in Luxemburg ist bei Neubauten ein Sicherheitsabstand zu Unternehmen einzuplanen.
Wuppertal. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg hat das Zeug, Baugenehmigungen auch in Wuppertal zu einer ziemlich schwierigen Angelegenheit werden zu lassen. Denn demnach könnten Neubauten im Umfeld von sogenannten Störfallbetrieben erst dann genehmigungsfähig sein, wenn ein ausreichend großer Sicherheitsabstand zwischen der Firma und dem Neubau besteht.
Betroffen sind solche Neubauprojekte, bei denen sich die Nutzung nicht aus dem Bebauungsplan ergibt oder in dem die Störfallproblematik ausgeklammert ist. Laut Rechtportal JuraForum ist das in solchen Arealen, in denen Industrie und Wohnbebauung nahe aneinander liegen, häufig der Fall.
Für Wuppertal sind solche Gemengelagen mit benachbarter gewerblicher Nutzung und Wohneinheiten oder Einrichtungen mit viel Publikumsverkehr sogar nahezu stadtbildprägend. Tatsächlich sind bereits rund zehn Unternehmen als sogenannte Störfallbetriebe identifiziert, wie Jochen Braun, Ressortleiter Bauen und Wohnen, berichtet. Dazu gehört unter anderem Bayer.
Und der aus dem Urteil zu erwartende Sicherheitsradius zwischen Neubauten und Bayer beträgt nach Angaben von Braun nicht etwa nur einige hundert Meter, sondern ist weitaus größer. Damit gehört zum Beispiel das Neubauvorhaben Hindenburgstraße im Zooviertel, gegen das es ohnehin heftigen Protest gab, zu jenen Projekten, die nun erneut geprüft werden könnten. Pikant dabei: Für die geplanten Stadthäuser gibt es bereits Käufer.
Weitere Störfallbetriebe auf Wuppertaler Stadtgebiet sind beispielsweise Lackfirmen sowie größere Gashandlungen. Und künftig gilt nach Erkenntnis von JuraForum, dass die Baugenehmigungsbehörden in jedem Fall darüber zu entscheiden haben, „ob neue Nutzungen mit viel Publikumsverkehr in der Nähe von Betrieben zugelassen werden dürfen, in denen gefährliche Stoffe vorhanden sind“.
Allerdings ist die ganze Angelegenheit mehr als komplex. Denn es gibt etliche Auslegungsmöglichkeiten. Zu berücksichtigen sind beispielsweise auch die Topographie und Windverhältnisse. Ein Gespräch zwischen der Stadt Wuppertal und der Bezirksregierung in dieser Sache ist bereits terminiert. Klar ist, dass das Urteil die Bauplanung und die Baugenehmigung massiv beeinflussen könnte.
Hintergrund des Urteils am Europäischen Gerichtshof ist die sogenannte Seveso-II-Richtlinie. Das ist eine Weiterentwicklung der Seveso-Richtlinie von 1982, die ihrerseits auf den Chemieunfall von Seveso im Jahr 1976 zurückgeht.
Im konkreten Fall am Europäischen Gerichtshof ging es um ein Gartencenter, das in Nachbarschaft zu einem Chemiepark eröffnen wollte.