Viele Ältere zieht es ins Umland

Die Einwohnerzahl wächst — aber Senioren kehren der Stadt den Rücken. Das wird zum Problem in den Quartieren im Barmer Osten.

„Wuppertal — eine wachsende Stadt“, so heißt ein Positionspapier der Verwaltung, das den Mitgliedern des Stadtrats in der Dezembersitzung vorgelegt wurde. Doch das Bevölkerungswachstum trifft nicht auf alle Altersgruppen zu. Bei Menschen im Rentenalter ist schon seit Jahrzehnten eine Abwanderung der deutschen Bevölkerung aus Wuppertal in umliegende Kreise und Städte zu beobachten. Und dieser Trend hat sich wieder verstärkt.

„Die Zuwanderung überdeckt stadtstrukturelle Probleme: Senioren und Familien ziehen ins Umland — aber keiner bekommt es mit.“ Diese These stellte Sven MacDonald, Geschäftsführer der Wuppertaler Quartierentwicklungs GmbH, beim ersten Immobilien-Forum der Westdeutschen Zeitung im November auf der Basis der Studie „Wohnungsmarkt-Monitoring des Instituts für Raumforschung & Immobilienwirtschaft“ zur Diskussion. MacDonald lenkt den Blick auf ein seit Jahrzehnten verdrängtes Problem. „Seit vielen Jahren verzeichnen wir deutlich mehr Fortzüge von Menschen aus Wuppertal im Alter von 65 plus als in den anderen Altersgruppen“, sagt OIiver Pfumfel, Leiter des Amtes für Statistik und Wahlen.

Lange galt Wuppertal als sterbende Stadt. Prognosen gingen von einem Rückgang unter 330 000 aus. Zuwanderer vor allem aus östlichen EU-Staaten und Flüchtlinge haben seit 2012 für steigende Einwohnerzahlen gesorgt. Gab es 2011 „nur noch“ 347 804 Wuppertaler, so waren es zum Jahreswechsel 2017/2018 rund 360 450 — mit wachsender Tendenz. Ankunftsorte für die Ankömmlinge sind vor allem Quartiere in Barmen, Oberbarmen, Wichlinghausen und Elberfeld — entlang der Talachse.

Einige der dort wohnenden, alteingesessenen Wuppertaler verfolgen diese Entwicklung mit Skepsis. Sie fühlen sich in ihrer Heimatstadt — so ist aus Briefen, Anrufen und Mails an die WZ zu entnehmen — und in ihrem Quartier nicht mehr zu Hause. Neben der Abwanderung älterer Menschen in andere Stadtteile scheint vor allem der Ennepe-Ruhr-Kreis Anziehungskraft auf Wuppertaler Familien und Rentner aus dem Barmer Osten auszuüben. 2016 verlor Wuppertal im Saldo (Zu- und Fortzüge) 67 Einwohner an den Ennepe-Ruhr-Kreis. Günstiger fällt die Wanderungsbilanz für den Westen aus. Vohwinkel könnte vom überhitzten Immobilienmarkt in Köln und Düsseldorf profitieren. Wegen der guten Verkehrsverbindungen ins Rheinland wird der Westen attraktiver für Menschen, die in den Rhein-Metropolen arbeiten.

„Dass in Wuppertal verfügbares Bauland knapp sei, kann ein Grund dafür sein, dass sich Familien anders orientieren“, vermutet Sven MacDonald. Auch für den Wegzug im Alter gebe es Gründe. „Der eine oder andere wird nach Wuppertal wegen seines Arbeitsplatzes gezogen sein. Mit dem Eintritt ins Rentenalter steht dann in manchen Fällen der Umzug zum Herkunftsort an.“

Aufgabe der Stadtentwicklung sei daher nicht allein die Integration von Neubürgern, sondern es gehe auch darum, Menschen in Wuppertal zu halten, so MacDonald. Altersgerechtes Wohnen zu ermöglichen, sei angesichts des Altbaubestandes in vielen Fällen schwierig. Der Grund für einen Umzug in einen anderen Stadtteil oder das benachbarte Schwelm könne auch ein fehlender Aufzug in einem denkmalgeschützten Gebäude sein, gibt MacDonald zu bedenken.