Begrabt mein Herz in Wuppertal Von einer Horde Affen eingefangen

WZ-Kolumnist Uwe Becker erinnert sich an seinen Traum über den Zoo.

Foto: Joachim Schmitz

Wuppertal. Als ich vergangenen Sonntag nach einem wunderschönen Wochenende in Solingen die Grenze zu Wuppertal passierte, um mit unserer Schwebebahn zurück in meine kleine Wohnung am Ufer der Wupper nach Unterbarmen zu fahren — glücklicherweise war gerade keine Betriebsstörung —, fielen mir die mitreisenden Eltern mit ihren Kindern auf, die an der Station Stadion/Zoo ausstiegen. Man sah in den Gesichtern der Kleinen die Freude über den bevorstehenden Besuch in unserem Zoologischen Garten, der zu den schönsten in Deutschland gehört.

Als mein Sohn kleiner war, besuchten wir den Zoo regelmäßig, und bei mir kam jetzt Wehmut auf, da er — fast erwachsen — heute andere Freizeitaktivitäten favorisiert. Wie gerne würde ich ihn fragen: „Gehst du irgendwann noch mal mit deinem Vater in den Zoo?“ Da mein Sohn gut erzogen ist, würde er bestimmt antworten: „Aber gerne, das machen wir mal!“

Man kann natürlich auch alleine in den Tierpark gehen. Ich habe das früher oft gemacht und auf einer Bank, im Schatten der Bäume, Tiere und Menschen beobachtet. Die Frage, ob man Tiere in Gefangenschaft halten darf, beschäftigte mich immer. Meinem Sohn erklärte ich damals, dass viele Tierarten in freier Wildbahn aussterben, weil Jäger die Tiere töten, um ihr Fell zu verkaufen. Deshalb dient der Zoo dem Artenschutz.

Ob das wirklich stimmt, weiß ich nicht, da ich mich mit diesem schwierigen Thema nie intensiv beschäftigt habe. Aber Kindern kann man es so erklären, man will ihnen ja nicht die Freude am Zoo-Besuch nehmen. Wenn sie größer sind, können sie ja gerne Tierschutzorganisationen beitreten und Kaninchen aus Testlabors befreien.

An diesem Sonntagabend fand ich nur schwer in den Schlaf. Als ich am Morgen erwachte, erinnerte ich mich direkt an meinen Traum: Ich besuchte alleine unseren Zoo. Hier lebten aber nicht die Tiere, sondern Menschen in Gefangenschaft. Auf den Wegen begegneten mir Flamingos, Bieber, Stinktiere, Lamas, Gnus und Zebras. Über mir zogen Aasgeier und Steinadler ihre Kreise. Einen Löwen, der auf mich zu trottete, verjagte ich durch Klatschen in die Hände. Auf meiner Schulter landete kurz ein Kakadu und knabberte an meinem Ohr.

Im Seelöwen-Becken trainierte eine Wasserball-Mannschaft. Wenn ein Spieler ein Tor erzielte, bekam er zu Belohnung vom Trainer einen toten Fisch zugeworfen, den er mit dem Mund auffing und sofort verschlang. In der Pinguin-Anlage lebten Kinder und Kleinwüchsige. Dann kam ich zum ehemaligen Elefantenhaus, in dem schwergewichtige Frauen und Männer sich im Baumstamm-Weitwurf übten. Am Kiosk gab es weder Eis noch Bratwürstchen, da verkaufte ein Kojote rohes Fleisch und Trockenfutter. Als ich den Zoo verlassen wollte, wurde ich vor dem Ausgang von einer Horde Affen eingefangen und in ein Gehege gesperrt, in dem auch meine Wohnungsnachbarn untergebracht waren. Aus der Ferne hörte ich die Durchsage an der Schwebebahnstation: „Wir haben eine Betriebsstörung. Unsere Mitarbeiter arbeiten daran.“