Begrabt mein Herz in Wuppertal Das Geheimnis der Schwebebahn
Uwe Becker befürchtet, dass das Gerüst im Herbst einfach in sich zusammenfällt.
Auch wenn die Schwebebahn erst am 1. August ihren Betrieb wieder aufnimmt, höre ich die vertrauten Fahrgeräusche schon seit vielen Wochen täglich. Die aus Sicherheitsgründen erforderlichen Testfahrten beruhigen mich einerseits zwar sehr, andererseits befürchte ich aber, dass die neu abgesicherte Stromschiene diesen Stress nicht allzu lange mitmacht.
Oberbürgermeister Andreas Mucke hat kürzlich auf Facebook ein paar Bilder der neuen Stromschienenabsicherungen gepostet, die von handwerklich begabten Facebook-Freunden mit großer Sorge kommentiert wurden: „Ein Metallteil, welches in einem Kunststoffteil verschraubt ist, sichert ein Kunststoffteil welches ein Metallteil hält? Gut dass ich davon keine Ahnung habe, es käme mir sonst ziemlich komisch vor.“ – „Auf diesem Foto sieht man eine galvanisch verzinkte Sechskantmutter zwischen der Edelstahl-U-Scheibe und der Edelstahl-Sechskantmutter mit Sicherung. Schlimmer noch, das Gewinde muss mindestens zwei Gewindegänge überstehen. Von einer Sicherung kann nicht die Rede sein. Ärger erneut vorprogrammiert!“ – „Die metallenen Zungen der Verstärkung bringen gar nichts, wenn das Kunststoff dahinter bricht! Die Zungen müssten mindestens so lang sein wie die Kralle selbst, um ihren Zweck erfüllen zu können!“
Ich weiß nicht, ob diese fachliche Kritik berechtigt ist, allerdings ist einer der Kritiker ein ehemaliger Bus- und Schwebebahnfahrer. Was ich persönlich als Besitzer eines Bärentickets vermisse, ist eine ordentliche Informationsveranstaltung, bei der Fachleute die neue Absicherung der Stromschiene den potenziellen Fahrgästen einmal kompetent erklären, um hierdurch auch für ein neues Vertrauen in die Sicherheit der Schwebebahn zu sorgen. Wenn man der WSW-Pressestelle eines nicht vorwerfen kann, dann Geschwätzigkeit hinsichtlich ihrer Informationspolitik, was auch den bereits vor dem Unfall täglichen, kurzfristigen Ausfall der Schwebebahn betrifft.
Dieses permanente Schweigen hat für mich etwas Beängstigendes. Ich werde leider das Gefühl nicht los, man will uns hier etwas ganz, ganz furchtbar Schreckliches verheimlichen, um die Bevölkerung, in erster Linie aber die Fahrgäste, nicht zu verunsichern. Aber was ist das? Ist die Schwebebahn Gegenstand einer Verfluchung geworden? Oder ist alles viel undramatischer, aber man kann es leider technisch nicht verhindern, dass die Tauben permanent den Sicherungskasten in der Schwebebahnstation Oberbarmen zuscheißen, wodurch der oft kurze, aber doch tägliche Stillstand der Bahn, bereits weit vor dem Unfall mit der Stromschiene, zu erklären wäre. Nun, ob dieses Geheimnis je gelüftet wird, wer weiß?
Ich werde jedenfalls mein weiteres finanzielles Engagement bei den WSW, immerhin gut 200 Euro monatlich, davon abhängig machen, ob man in der Lage ist, die täglichen Ausfälle zu verhindern, und mir erklärt, warum die Fehlerfindung so lange dauerte, und in welchem Detail der Teufel steckte. Nun gut, 18 000 Klemmbacken sind zur Sicherung der Stromschiene angebracht worden, das klingt sehr beruhigend. Was mich aber irritiert, ist die Tatsache, dass die alte Stromschiene über 100 Jahre nicht auf die Straße fiel. Warum hat man die neue Schiene nicht so ersetzt und befestigt, wie die alte?
Ich möchte noch einmal kurz auf die zahlreichen, aber erforderlichen Testfahrten zurückkommen. Um sicher zu gehen, ob die Stromschiene den Belastungen standhält, müsste die Schwebebahn auf der Strecke da nicht mit mehr Gewicht unterwegs sein? Sollte man nicht Probanden in verschiedenen Gewichtsklassen suchen, Arbeiter, Rentner, Arbeitslose, Studenten und Schulkinder, die auf den Testfahrten eine normal gefüllte Schwebebahn darstellen und hierdurch realistische Testergebnisse erzielen? Ich hätte mich für die Testfahrten beworben, aber ich nehme an, dass ist verboten, zumindest dürften keine Kinder und Rentner mitfahren. Es gibt ja auch Sandsäcke, die man hätte benutzen können. Eine Testfahrt, bei der nur der Fahrer anwesend ist, halte ich für nicht ausreichend.
Wenn man bedenkt, dass jetzt auch noch 10 000 Löcher gebohrt werden, um die Absturzsicherungen für die Stromschiene montieren zu können, dann sollten wir zu allen Göttern beten, die in Wuppertal verehrt werden, dass das Schwebebahngerüst nicht zu porös wird und bereits im Herbst ohne große Vorankündigung in sich zusammen fällt.