Analyse Warum auf der Kleinen Höhe Spaltpilze wachsen
Wuppertal · Die Parteien streiten, wo die vom Land NRW geplante Forensik gebaut werden soll. Eine Entscheidung ist dringend geboten, sonst wird sie das Land selbst treffen.
Einige Parteien winden sich, Anwohner leben zwischen Hangen und Bangen, und auf der Kleinen Höhe wuchert der Spaltpilz. Die Geschichte der Forensischen Klinik in Wuppertal steuert auf ihr letztes Kapitel zu. Die Kommunalpolitik muss entscheiden, wie sie es mit der Pflicht hält, dem Land eine Fläche für die Einrichtung bereit zu stellen, in der psychisch kranke Straftäter hinter Schloss und Riegel geheilt und resozialisiert werden sollen. Wuppertal muss liefern, sagt das Land. Denn im Landgerichtsbezirk mangelt es an Forensikplätzen. Einen Ausweg aus dem Dilemma gibt es nicht. So jedenfalls sagen es Stadtverwalter und Stadtpolitiker.
Den Streit um den richtigen Standort hat diese Erkenntnis allerdings in keiner Weise befrieden können. Aber langsam wird es Zeit. Wenn die Stadt keine Entscheidung trifft, dann übernimmt das Land die Aufgabe und mischt sich mit einem einzigen Federstrich tiefgreifend in die Entwicklungsmöglichkeiten Wuppertals ein.
Die Zeit drängt, der für Forensik zuständige Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) scheint mit seiner Geduld am Ende zu sein. Das wiegt umso schwerer, als das Coronavirus die Kommunalpolitik derzeit lahmlegt. Eigentlich sollte der Rat im Mai den Bebauungsplan für die Kleine Höhe dahingehend ändern, dass das Land dort seine Klinik errichten kann. So hatten es CDU und SPD im Rat beschlossen, als sie noch zusammenarbeiteten. Und Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD) ließ sich danach seinen Widerstand gegen die Bebauung der Kleinen Höhe mit der Zusage abkaufen, dass nach der Forensik dort gar nichts weiteres mehr entstehen soll.
Inzwischen hat die
CDU das Pferd gewechselt
Das ist der Stand der Dinge. Und er war tragfähig, solange die sogenannte Groko im Rat die Geschicke der Stadt bestimmte. Inzwischen hat die CDU das Pferd gewechselt. Das neue ist grün und hat die Richtung seines Reiters geändert. Die Zustimmung in der CDU-Fraktion zur Bebauung der Kleinen Höhe bröckelt. Und das stellt vor allem die christdemokratische Partei vor eine echte Zerreißprobe. Denn wenn das Land auf der Kleinen Höhe nicht bauen darf, dann greift es auf seine eigene Fläche in Ronsdorf zurück. Dort, an der Parkstraße, warten fünf Hektar auf Kran und Bagger. Sie bilden eine ideale Adresse für die Forensik, zumal sich in unmittelbarer Nähe durch das Jugendgefängnis und die Finanzschule zwei weitere Einrichtungen des Landes befinden.
Aber SPD und CDU haben der Kleinen Höhe damals den Vorzug gegeben, weil das Land zunächst die Absicht kundtat, die Bereitschaftspolizei von Lichtscheid an die Parkstraße zu verlegen. Die frei werdende Fläche im Dunstkreis des Toelleturms wollte die Stadt mit hochwertiger Eigenheimbebauung aufwerten. Aus dem Traum ist nichts geworden, das Land hat sich alles anders überlegt, freilich ohne Rücksicht auf die Pläne Wuppertals. Nun gibt es nur noch die Wahl zwischen Forensik vor den Toren von Neviges und Gewerbe an der Parkstraße sowie Forensik an der Parkstraße und nichts auf der Kleinen Höhe. Letzteres käme Grünen und Anwohnern sehr entgegen. Vor allem für die CDU ist das eine sehr unangenehme Situation. Bleibt sie bei ihrem Nein zur Bebauung der Kleinen Höhe, ist zwar ihr Kooperationspartner im Rat zufrieden, mit dem sie im Übrigen in Uwe Schneidewind auch den Oberbürgermeisterkandidaten teilt. Dafür erwirbt sie aber den Ruf des Umfallers. Gleichzeitig zieht sie sich den Unmut potenzieller Wähler in Ronsdorf zu, wo vor allem die FDP die Bürger mobilisiert und auf Gewerbe statt psychisch Kranke setzt.
Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass die Christdemokraten – vielleicht unterstützt von ihrem Kooperationspartner – noch ein bisschen auf Zeit spielen. Ende Juni tagt der Rat zum letzten Mal vor der Sommerpause. Wenn er sich bis dahin noch immer nicht zu einem Votum über die Kleine Höhe durchgerungen hat, dann wird wahrscheinlicher, dass der NRW-Gesundheitsminister diese Aufgabe übernimmt. Dann wäre der Stadtrat außen vor – und es könnten alle ihre Hände in Unschuld waschen.
Wem das bekannt vorkommt, der irrt nicht. In der Seilbahnfrage hat der Rat das Heft des Handelns auch aus der Hand gegeben. Allein die SPD-Fraktion wollte das nicht, war aber in der Minderheit. Damals ist eine Seilbahn nicht gebaut worden. Die Forensik wird in Wuppertal gebaut. Das steht fest. Die Frage ist jetzt nur noch, wer bestimmt, wo sie entsteht.