Wassersparte: Rückkauf kostet mehr als 50 Millionen
Versucht die Stadt einer Kontrolle durch das Bundeskartellamt zu entgehen?
Wuppertal. Der Rückkauf der Anteile an der Wassersparte wird die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) mehr als 50 Millionen Euro kosten. Nach Recherchen der WZ ist in dem Kaufvertrag zwischen den WSW und dem französischen Energiekonzern Gas du France (GSED) die Summe von 57,1 Millionen Euro vereinbart. Diese verringert sich jedoch noch um den Teil der Verschuldung, der anteilig auf dieser Unternehmenssparte liegt.
Weil die Stadtwerke bei den Unternehmenswerten bisher nicht zwischen Gas, Strom und Wasser unterschieden haben, ermittelt derzeit ein Wirtschaftsprüfer, wie hoch die anteiligen Schulden der Wassersparte sind.
Wie die WZ bereits berichtete, wollen die Stadtwerke und ihr Hauptaktionär, die Stadt, den Anteil der Wassersparte zurückkaufen, der 2008, als GSED etwa ein Drittel der WSW-Versorgungssparte gekauft hatte, an den französischen Multi übereignet worden war. Als Begründung wird genannt, dass die EU eine Richtlinie vorbereite, die den Wassermarkt privatisieren wolle. Damit die Wuppertaler Trinkwasserversorgung nun nicht in die Hände von privaten Unternehmen falle, so die offizielle Begründung, kaufe man zurück.
Am 4. März hatte der Stadtrat dem Rückkauf zugestimmt, zudem soll ein Eigenbetrieb für das Trinkwasser gegründet werden. Kämmerer Johannes Slawig bestätigte, dass dieser Eigenbetrieb am 1. Mai seine Arbeit aufnehmen soll.
Es gibt aber auch eine ganz andere Version der Dinge. Das Bundeskartellamt hat im Herbst 2012 die Wuppertaler Trinkwasserpreise erhoben und ein Ermittlungsverfahren gegen die WSW eingeleitet, wie auch Slawig bestätigt. Offenbar wird vermutet, dass die Preise zu hoch sind.
Insider behaupten daher, Wuppertal kaufe die Wassersparte zurück, um der Kontrolle durch das Kartellamt zu entgehen. Grund: Wenn den WSW wieder 100 Prozent der Wasserversorgung gehören und sie diese in den Eigenbetrieb auslagern, dann ist das Kartellamt nicht mehr zuständig. Dann muss die Kommunalaufsicht die Wasserpreise überwachen, der dazu jedoch die nötigen Mittel und Experten fehlen.
Es gibt ein Beispiel aus Hessen. Dort hatten die hessischen Landeskartellbehörden die Stadt Wetzlar gezwungen, die Wasserpreise zu senken. Daraufhin gründete Wetzlar für sein Trinkwasser einen Eigenbetrieb — und setzte die Wasserpreise wieder hoch.
Im Gespräch mit der WZ dementierte Slawig, dass dies die Gründe der Stadt seien. Es gehe nur darum, die Wasserversorgung vor einer Privatisierung zu schützen.
Aber: Im Kaufvertrag zur Wassersparte steht ein Passus, der der Stadt erlaubt, von dem Vertrag mit GSED zurückzutreten, wenn das Kartellamt die Wuppertaler Wasserpreise zwangsweise senkt. Das Thema ist also bekannt.