Wuppertal Weltbild von Schülern: Homophobie und Antisemitismus sind Alltag geworden

Wuppertal · Der Wuppertaler Felix Kruppa (27) hat für seine Masterarbeit 668 Schüler befragt — und herausgefunden, dass unter anderem Homophobie und Antisemitismus Alltag sind.

Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Felix Kruppa ist Humanist, Atheist und Lehrer. Der 27 Jahre alte Referendar hat vergangene Woche den Eid auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung geschworen. Und die ist ihm wichtig. Er will sich als Lehrer für die Demokratie einsetzen, für eine säkulare Gesellschaft, die sich durch Freiheit und Toleranz auszeichnet. Denn dafür sieht er gerade an Schulen Probleme. Und die haben ihm zufolge auch mit den Religionszugehörigkeiten der Schüler zu tun.

Kruppa hat während des Studiums an einer Hauptschule gearbeitet und die Mittagsbetreuung geleitet und nebenbei in einem Jugendzentrum. Sechs Jahre lang. Und Dinge, die er dort erlebt hat, wurden für ihn zum Anlass für seine Masterarbeit. Die hat das Thema „Autoritäre Einstellungen bei Schülerinnen und Schülern mit besonderer Berücksichtigung der Religionszugehörigkeit“. Kruppa: „Ich wollte empirisch forschen, um die Erfahrungen aus der Praxis zu untermauern.“

Und was er herausgefunden hat, sieht er als diskussionswürdig an. Denn gerade — aber nicht nur — unter muslimischen Schülern gebe es problematische Ansichten in Bezug auf Themen wie Homosexualität, Juden, die Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Religions- und Meinungsfreiheit.

Alles Themen, mit denen Schulen nicht unbedingt in Verbindung gebracht werden wollen. Kruppa hat nach eigenen Angaben 300 Schulen angeschrieben, sich an 25 mit seinem Anliegen persönlich vorgestellt. Teilgenommen haben dann sieben Schulen aus Wuppertal und Düsseldorf. Welche das sind, sagt Kruppa nicht. Aber 668 Schüler von drei Berufskollegs (342 Schüler), zwei Hauptschulen (132), einem Gymnasium (104) und einer Gesamtschule (82) haben mitgemacht. 44 Prozent der Schüler waren Christen, 28 Prozent Muslime, die anderen gehörten keiner oder einer anderen Religion an.

Kruppa hat den Schülern 34 Fragen gestellt und herausgefunden, dass — in der Gruppe der Befragten — 19,2 Prozent der muslimischen Schüler, Atheisten für weniger gute Menschen halten. Das sehen auch 5,8 Prozent der Christen so. 48,1 Prozent der muslimischen Schüler können sich keine Freundschaft mit einer homosexuellen Person vorstellen, genau wie 15 Prozent der Christen. Demnach sind auch 49,7 Prozent der Muslime und 12,9 Prozent der Christen dagegen, dass sich Homosexuelle öffentlich küssen dürfen. Auch lehnten 17,3 Prozent der Muslime eine Freundschaft zu einem Juden ab, ebenso wie 6,2 Prozent der Christen.

Für Kruppa kommt das nicht überraschend — er hat erlebt, wie „Jude“ immer wieder als Schimpfwort benutzt wurde und kennt Menschen jüdischen Glaubens, die sich dazu in der Schule nicht bekennen wollen, sagt er. Und Homophobie sei unter Jugendlichen fast immer ein Faktor.

Aber Kruppa sieht in den Ergebnissen auch einen Beleg dafür, dass es Probleme gibt, über die geredet werden müsse, gerade im Bezug auf Integration. „Über Migration und Islam zu sprechen, ist schwierig“, sagt er. Man werde schnell missverstanden. Vor allem, weil die Debatte darüber nicht aus der gesellschaftlichen Mitte geführt werden, sondern vor allem vom rechten Rand komme. „Das ist gefährlich“, sagt er.

Er sieht Probleme im Zusammenhalt der Gesellschaft, wenn diesen Einstellungen nicht begegnet werde. Aber er hat auch Ideen, wie denen begegnet werden kann. Kruppa sieht den Staat in der Pflicht, der sich mehr um den muslimischen Religionsunterricht kümmern und den Lehrern helfen sollte. Denn „wenn Pädagogen alleingelassen werden, resignieren sie“, befürchtet Kruppa. Das fange schon bei der Ausbildung an, in der angehende Lehrer mehr über den Islam lernen sollten, wie Kruppa findet. Er sieht einen weiteren Ansatz in der engeren Kooperation mit Antidiskriminierungsstellen, Queer-Verbänden, Moscheen, Kirchen und jüdischen Gemeinden. Und generell ist er überzeugt vom integrativen Einfluss der Bildungsinstitutionen. So müsse mehr für Chancengleichheit und Bildungsteilhabe getan werden.

Kruppa will seinen Beitrag leisten. Nach seinem Referendariat kann er sich vorstellen, an eine problematischere Schule zu wechseln, um sein Wissen auch anzuwenden.