Radsport Weltrekord in der Nacht kostete 7,20 Mark

Wuppertal · Legendäre Rad-Runden im Stadion jähren sich zum 65. Mal.

Walter Lohmann vor dem nächtlichen Start zu seiner Weltrekordfahrt im Stadion am Zoo.

Foto: Repro aus 75 Jahre Stadion am Zoo

Momentan macht Corona zuschauen im Stadion am Zoo unmöglich. Dass eine der größten sportlichen Sternstunden in der 1924 eingeweihten Arena ebenfalls ohne Zuschauer stattfand, hatte allerdings andere Gründe. Als am 25. Oktober 1955 der langjährige Szenestar Werner Lohmann auf der ehamaligen Radrennbahn hinter einem PS-starken Motorrad einen Stundenweltrekord und einen Weltrekord über 100 Kilometer aufstellte, war bereits die Nacht über das Zoo-Viertel hereingebrochen. Sieben vergebliche Versuche hat der mit 44 Jahren alternde Radstar da schon hinter sich, am Nachmittag war ihm ein Reifen geplatzt. Nach zwischenzeitlichem Regen war die Bahn abgeflemmt worden, um sie für den nächsten Versuch zu trocknen, der dann um 23 Uhr gestartet werden konnte.  Legendär waren nicht nur Lohmanns Leistungen - er schraubte den Stundenweltrekord von 90,71 auf 94,02 Kilometer und benötigte für die 100 Kilometer 1:03,40 Stunden - sondern auch die Umstände. So hatten Anwohner wegen nächtlicher Ruhestörung die Polizei gerufen. Zwei Beamte erschienen, als nur noch eine Viertelstunde zu fahren war - und drückten zum Glück ein Auge zu. In der Chronik „75 Jahre Stadion am Zoo“ ist von der Stadt mit viel Selbstironie noch ein anderer Umstand überliefert. So stellt man Lohmann anschließend, verbunden mit einem herzlichen Glückwunsch zum Weltrekord - Stromrechnung von 7,20 D-Mark für das Flutlicht in Rechnung.

Noch heute erinnert sich Radsportfan Adolf Klaus (88), der Lohmann oft beim Training geholfen hatte, gern an die Zeit, als Wuppertal als die schnellste Bahn Europas galt. 1927 wurde hier sogar die Steher- WM ausgerichtet - da allerdings vor 30 000 Zuschauern. gh