Wer heiratet die Stadtwerke?
Energiepoker Kämmerer Johannes Slawig ist von RWE enttäuscht und sucht Partner für die WSW.
Westdeutsche Zeitung: Herr Slawig, können die Stadtwerke alleine überleben?
Johannes Slawig: Ja, aber es geht um eine mittelfristige strategische Ausrichtung. Es ist nach wie vor richtig, einen strategischen Partner aufzunehmen und damit Know-how und Ertragskraft zu erhalten.
WZ: Aber Ihr Partner macht nicht das, was sie wollen?
Slawig: Das ist die zentrale Frage, die wir in den nächsten Wochen klären müssen. Wir sind enttäuscht darüber, dass RWE die Sachleistungen nicht eingebracht hat. Wir gehen auch nicht einfach zur Tagesordnung über. Wir müssen jetzt klären, was eigentlich die zukünftige Strategie für die Stadtwerke ist.
WZ: Ist es überhaupt möglich, eine Zukunft der Stadtwerke ohne RWE zu realisieren? Dann müsste die Stadt ja Geld an RWE zahlen. Ist das überhaupt noch da?
Slawig: Nein, denn diese 120 Millionen Euro, die die Stadt aus dem Verkauf der Stadtwerkeanteile an RWE erlöst hat, die sind eingesetzt worden zur Finanzierung der Regionale und zum Teil für den Schwebebahnausbau. Dieser Betrag ist nicht mehr da.
WZ: Die Stadtwerke sind RWE also hilflos ausgeliefert?
Slawig: Überhaupt nicht. Eine Alternative wäre zum Beispiel statt RWE einen anderen strategischen Partner aufzunehmen. RWE könnte ja seine Anteile an einen anderen Partner weitergeben.
WZ: Ein anderer überregionaler Partner?
Slawig: Das ist eine der vielen Fragen, die intensiv zu diskutieren sind. Wir wollen an der Regionalisierung im Bergischen Land festhalten. Wir müssen einen Partner finden, der sich in dieser Region mit einbringen kann. Auf welche Art und Weise, das ist mit möglichen Partnern zu besprechen.
WZ: Die Signale aus Solingen oder Remscheid sind doch eher zurückhaltend? Die wollen doch gar nicht Anteile abgeben, oder?
Slawig: Kurzfristig ist das sicherlich keine Lösung. Insofern kann es sein, dass wir uns für einen überregionalen strategischen Partner entscheiden. Es kann aber auch sein, dass RWE unser Partner bleibt.
WZ: Was bringt das den Kunden?
Slawig: Für die Kunden hat es kurzfristig gar keine Auswirkungen. Es geht darum, die Stadtwerke so aufzustellen, dass sie mittelfristig als ertragsstarkes Unternehmen weiter geführt werden können. Das vor dem Hintergrund sinkender Netz-Nutzungs-Entgelte.
WZ: Ertragsstark heißt, die Erträge werden an die marode Stadt abgeführt, oder der Kunde erhält Strom und Gas billiger?
Slawig: Es geht überhaupt nicht darum, irgendwelche Erträge an die Stadt auszuschütten. Es geht darum, die Erträge im Unternehmen zu lassen, um damit einerseits die Belieferung der Kunden aufrecht zu erhalten, aber auch darum, die Mindererlöse aus den Nutzungsentgelten zu kompensieren - und auch die Verkehrsverluste zu finanzieren.
WZ: Das heißt, Sie brauchen einen Partner, um den hoch defizitären Personennahverkehr zu finanzieren?
Slawig: Ein ertragsstarkes Unternehmen in der Versorgung mit Hilfe eines strategischen Partners, um auch dann weiterhin die Verkehrsverluste finanzieren zu können.
WZ: Also viel heizen für billige Busfahrkarten?
Slawig: Ganz so einfach ist es nicht. Aber: Je höher die Erträge in der Versorgung, desto besser ist es natürlich möglich, die Verkehrsverluste zu finanzieren.
WZ: Was bringt da überhaupt der Umbau der Stadtwerke in eine Holding?
Slawig: Der Umbau schafft die Voraussetzung, dass die Stadt den öffentlichen Nahverkehr weiterhin ohne ausschreiberechtliche Probleme über die Stadtwerke erledigen kann. Wir wollen keine Ausschreibung, sondern wir wollen, dass die WSW weiterhin den Fahrbetrieb gewährleisten. Dafür müssen wir europarechtliche Voraussetzungen schaffen, etwa ein Unternehmen, das vollständig der Stadt gehört. Deswegen müssen wir den Verkehr von der Versorgung trennen. Aber um den steuerlichen Querverbund zu ermöglichen, müssen wir die Holding schaffen. Dann können wir Verluste mit Gewinnen verrechnen.
WZ: Die Holding hat welche Gesellschaftsform?
Slawig: Das ist eine GmbH.
WZ: Und Eigentümerin ist die Stadt.
Slawig: Richtig.
WZ: Und der neue Chef der Holding heißt Andreas Feicht?
Slawig: Genau.
WZ: Der aber gleichzeitig der Geschäftsführer einer Firma ist, die den Umbau der Stadtwerke geplant hatte?
Slawig: Ja.
WZ: Wie funktioniert das? Wenn jemand Geschäftsführer ist und sich mehr oder weniger auch selbst kontrollieren muss.
Slawig: Weil er noch an sein altes Unternehmen gebunden ist, haben wir eine vertragliche Regelung gefunden, nach der er den überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit hier in Wuppertal durchführt und das streng getrennt von dem Beratungsauftrag. Der Beratungsauftrag wird durch die Firma, aber nicht durch ihn wahrgenommen.
WZ: Wie lange bleibt er noch Geschäftsführer seiner alten Firma?
Slawig: Unser Vertrag mit Herrn Feicht läuft bis Ende 2008, und danach ist zu entscheiden, wie es weiter geht. Es gibt ein klares Wettbewerbsverbot und eine klare Trennung von Beratungsauftrag und Führung.
WZ: Herr Feicht hat aber noch seine Wohnung in Berlin und pendelt also?
Slawig: Ja.
WZ: Ist denn so eine große Aufgabe wie der Umbau der Stadtwerke für jemanden zu schaffen, der pendelt?
Slawig: Ja, Herr Feicht hat bisher als Berater schon bewiesen dass er mit hohem Zeitaufwand in der Lage ist, die Umstrukturierung zu begleiten. Ich habe gar keinen Zweifel daran, das er in dem erforderlichen Umfang als Vorstandsvorsitzender den WSW zur Verfügung steht.
WZ: Die Vorstandsgehälter sind höher als in der Vergangenheit?
Slawig: Nein, überhaupt nicht.
WZ: Wer sucht denn nun den strategischen Partner, Herr Feicht oder die Stadt?
Slawig: Das ist eine Aufgabe des Gesellschafters, also der Stadt. Letztendlich muss darüber der Stadtrat entscheiden.
WZ: Wann fällt die Entscheidung zu einem Partner?
Slawig: Ich gehe davon aus, dass wir in einem halben Jahr spätestens die Entscheidung treffen können.
WZ: Derzeit sieht es doch so aus, dass Sie sich neu orientieren müssen. Die Kooperation mit den Stadtwerken Velbert läuft doch auch nicht reibungslos?
Slawig: Da knirscht es, aber da werden noch viele Gespräche geführt, um zu klären, ob wir zu einer Lösung kommen.
WZ: Das macht aber doch alles nur Sinn, wenn die Stadtwerke Kosten sparen und Synergieeffekte nutzen können, oder?
Slawig: Kostensenkungen werden die WSW mit oder ohne Partner machen müssen und zwar jetzt.
WZ: Das bedeutet Personalabbau?
Slawig, Ja, den gibt’s bei der WSW schon seit acht Jahren.
WZ: Und der geht weiter?
Slawig: Der geht weiter, aber sozialverträglich, ohne betriebsbedingte Kündigungen.
WZ: Wir danken für das Gespräch.