Radverkehrskonzeot Werden alle Busspuren für Radfahrende freigegeben?
Die Stadt will die Öffnung aller Busspuren für Radfahrer prüfen. Kritiker sehen Konkurrenz von Rad und ÖPNV.
Die Stadt will sich alle Busspuren in der Stadt von den Stadtwerken auflisten lassen und dann die Freigabe für den Radverkehr einzeln prüfen. Das ist das Ergebnis eines Bürgerantrags von Ulrich Schmidt, der seit langem für eine Freigabe der Busspuren für Radler kämpft. Sein Bürgerantrag wurde zwar abgelehnt. Er forderte die testweise Freigabe aller Busspuren für den Radverkehr mit Verweis auf eine „Muss-Vorschrift“ in der Verwaltungsordnung. Aber die Politik hat den Stadtwerken den Auftrag erteilt, alle Busspuren aufzulisten, um eine Freigabe für den Radverkehr zu prüfen und die Vorschrift mittelfristig doch umzusetzen.
Die Radverkehrsbeauftragte Norina Peinelt sagt, eine pauschale Freigabe, auch testweise, sei nicht möglich. Zuvor müsse die Sicherheit geprüft werden. Der zeitliche Aufwand dafür sei viel höher als bei Einbahnstraßen und deren Freigaben. „Das sind alles Einzelfallprüfungen“, sagt sie. Denn die Spuren, die freigegeben werden müssen, wenn daneben keine Radwege eingerichtet werden können, müssen einzeln vermessen werden. Sie müssen eine gewisse Breite haben — sind sie zu schmal, können die Busse Radfahrer nicht überholen, sind sie zu breit, könnten Busse überholen, aber gegebenenfalls den Sicherheitsabstand von 1,50 Meter nicht einhalten. Dort müssten dann Spuren verengt werden. Da müsste die Stadt eingreifen und die Spur verengen. Dazu müssten Ampeln umgestellt und Schilder neu platziert werden.
Nach bisherigem Stand waren die Stadtwerke nicht bereit, solche Maßnahmen mitzutragen. In der Verwaltungsvorlage von Verkehrsdezernent Frank Meyer wird deren generelle Ablehnung einer Freigabe thematisiert: „Die WSW mobil GmbH lehnt eine Freigabe der Bussonderspuren für den Radverkehr grundsätzlich ab, da diese zu einer Verschlechterung der Fahrplanstabilität führen könnte und somit in die Grundfunktion der baulichen Beschleunigungsmaßnahme für den ÖPNV eingegriffen würde.“ Sedat Ugurman, verkehrspolitischer Sprecher der SPD, hatte auf Twitter angekündigt, nach der Grundlage der Annahme zu fragen. „Der ÖPNV muss laufen“, sagt er nach der Sitzung. Aber es müsse schon mehr kommen als die Befürchtung im Konjunktiv. „Die Stadtwerke müssen da Fakten liefern.“ Ohne Fakten fehlten ihm sonst die Argumente gegen eine Freigabe, sagt er.
Die Stadt ist nämlich gezwungen die Spuren freizugeben, wenn kein gesonderter Radweg hergestellt werden kann. Auch auf Kosten der Busspuren: „In der Folge, dass ein Benehmen mit dem Verkehrsunternehmen nicht hergestellt werden kann, müssten die Busspuren aufgehoben werden“, so die Vorlage von Meyer.
Das wissen auch die WSW. Sabine Schnake, Leitung Verkehrsplanung, sagt, dass die WSW nicht pauschal alles ablehnten. Aber die Freigaben dürften weder die Sicherheit noch die Verlässlichkeit des ÖPNV gefährden. Die pauschale Absage klinge hart. „Aber wir müssen Vorsorge treffen“, sagt sie. Ihr scheint es, als würden ÖPNV und Fahrrad hier gegeneinander ausgespielt werden, auch wenn sie beide eine Alternative zum Auto darstellen sollen. „Busse müssen zügig fahren.“ Wenn alle Busspuren freigegeben werden, dann sieht sie eine Gefahr, dass das nicht mehr gewährleistet ist.
Für Schmidt, den Antragssteller, ist das Ergebnis nicht zufriedenstellend. Auch weil er Schnake zustimmt. „Bus und Rad werden ausgespielt, wenn die Stadt keine Radwege anlegt.“ Das könnte etwa am Neuenteich passieren, sagt er — auf Kosten der Parkplätze. „Aber das wird nicht passieren“, das sei politisch nicht gewollt.
Ansonsten sieht er den Auftrag als Verzögerungstaktik. Aus seiner Sicht müsste das viel schneller gehen. Immerhin führen die Radfahrer eh schon auf den Busspuren — nur bisher eben nicht legal.