Wie Bürger beim Verkehr mitreden
Diskussionsrunde präsentiert bei Kongress sechs Beispiele für die Mitwirkung.
Wuppertal. Verkehrsplanung ist für die Entwicklung und Gestaltung einer Stadt von großer Bedeutung - dass die Bürger bei der Planung des Verkehrs mitsprechen wollen, ist deshalb nicht weiter verwunderlich. Wie umfangreich die Formen der Bürgerbeteiligung in der Verkehrsplanung mittlerweile in Wuppertal ausfallen, darüber wurde am Samstagabend auf dem Campus Haspel der Bergischen Uni informiert. Im Rahmen des bundesweiten Umwelt- und Verkehrskongresses gab es eine öffentliche Diskussion zu dem Thema, in der sechs Beispiele für die Bürgerbeteiligung bei Verkehrsthemen vorgestellt wurden.
Der städtische Beigeordnete für Bürgerbeteiligung, Panagiotis Paschalis, verwies darauf, dass Wuppertal eine Stadt mit viel bürgerschaftlichem Engagement sei. Dafür sei die Nordbahntrasse ein gutes Beispiel, und dafür könnte auch der mögliche Bau einer Seilbahn zwischen dem Hauptbahnhof und dem Schulzentrum Süd als Beleg dienen. Immerhin hatte die Stadt bei den Planungen zu der knapp drei Kilometer langen Seilbahn per Zufallsprinzip 48 Bürger ausgewählt, die sich in einem Gutachten mit den Vor- und Nachteilen des Projekts befasst haben. Eine deutliche Mehrheit sprach sich für eine Weiterverfolgung des Vorhabens aus, ihr Gutachten soll dem Stadtrat nun als Basis für eine Entscheidung in der Sache dienen.
Das Bürgergutachten für die Seilbahn war eines der Beispiele für die Bürgerbeteiligung bei Verkehrsthemen. Michelle Pahl ist eine der 48 Frauen und Männer, die sich im Sommer vier Tage lang intensiv mit dem Vorhaben befasst haben. Die Vorträge durch die Experten seien sehr interessant gewesen, man habe sich auf Basis der umfangreichen Information ein Urteil bilden können, sagte sie. Bedauerlich sei nur gewesen, dass so wenig jüngere Bürger an dem Gutachten teilnahmen. Schließlich sei die Seilbahn eine Verbindung, die — sofern sie gebaut wird - vor allem von Studenten auf dem Weg von oder zur Uni genutzt werden soll.
Über den „Arbeitskreis Nahverkehrsplan“ berichtete Ulrike Reutter, Verkehrsexpertin der Bergischen Uni. Der Arbeitskreis und der bei der Stadt angesiedelte Expertenbeirat widmeten sich der Frage, wie sich der Nahverkehr in den kommen zehn bis 15 Jahren entwickeln soll.
Aufgabe der Gremien sei es, der Politik „argumentative Unterstützung“ in der Verkehrsplanung zu geben und die Vorteile des Öffentlichen Personennahverkehrs deutlich zu machen, so die Professorin. Dabei gehe es auch darum, ein bisweilen etwas „dröges Thema“ für die Politik und Öffentlichkeit so aufzugreifen, dass es anschaulicher wird.
Wie die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) mit Kundenwünschen und -anregungen umgeht, erklärte Sabine Schnake, Leiterin Produktmanagement bei den WSW. „Seit knapp 20 Jahren“ böten die Stadtwerke ein öffentliches Kundenforum, an dem etwa 50 Kunden teilnähmen. Alle dort aufgebrachten Fragen würden bearbeitet und beantwortet, sagte Schnake. Die Veranstaltung dauere etwa drei Stunden und werde von externen Moderatoren betreut. In der Regel halte sich die Kritik dabei in Grenzen: Etwa zwei Drittel der Teilnehmer seien mit dem WSW-Angebot zufrieden. Angesprochen würden die Teilnehmer über die Internetseite der WSW oder in den Fahrzeugen der Stadtwerke.
Mit dem Thema Fußgängerunfälle befasst sich die Internetseite www.wegecheck.de, über die Bürger kritische Stellen auf Schulwegen und Bürgersteigen melden können. Rund 800 Problemstellen seien bislang gemeldet worden, das Projekt erfahre eine „breite gesellschaftliche Unterstützung“, freute sich Jens Leven vom Büro für Forschung, Entwicklung und Evaluation (Bueffee) bei der Vorstellung der Internetseite. Die Unterstützung scheint auch dringend geboten, schneidet doch Wuppertal nach Angaben von Leven in einer bundesweiten Untersuchung bei der Zahl der Unfälle mit Schulkindern am schlechtesten ab.
Vorgestellt wurde auch die AG Leitlinien, die in den letzten Wochen generelle Regeln für eine Bürgerbeteiligung in Wuppertal entwickelt hat. Und Christoph Grothe von der IG Fahrradstadt berichtete, dass das Lastenfahrrad Fienchen eine große Nachfrage erlebt.
In der anschließenden Diskussion betonte Dieter Hofmann von der AG Leitlinien Bürgerbeteiligung, dass die Zivilgesellschaft Initiative zeigen müsse bei der Entwicklung des Stadtverkehrs. Hier müsse die Entwicklung durch die Bürger noch schneller vorangetrieben werden. Zudem sei ein konzertiertes Vorgehen der verschiedenen bürgerschaftlichen Initiativen nötig.
Mit einer ungewöhnlichen Idee wartete ein Verkehrsexperte aus Wiesbaden auf. Er schlug vor, bei der Wiedereröffnung der B 7 in diesem Sommer ein „Verkehrswendefest“zu feiern. Statt den Autoverkehr auf der B 7 wieder freizugeben, sollte die Talachse nur für Radfahrer geöffnet werden. So apart und symbolträchtig die Idee auch manchem Anwesenden schien, die meisten Teilnehmer bezweifelten doch, dass die Stadt so viel Willen zur „Auto-Exklusion“ mitbringt.