Wuppertal Wie Musik den Stress im Kreißsaal lindern kann

Das Heliosklinikum erhält 130 000 Euro Förderung für die Erforschung von Entspannung bei der Geburtseinleitung.

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Wuppertal. Mit Limbo in den Kreißsaal lautet ab dem Frühjahr die Devise an der Landesfrauenklinik des Heliosklinikums. Das bedeutet jedoch nicht, dass die hochschwangeren Frauen kurz vor der Geburt noch zu tänzerischen Verrenkungen animiert werden sollen. Mit Musik hat das Projekt aber dennoch zu tun: 130 000 Euro stellt die Else-Kröner-Fresenius-Stiftung der Klinik und der Universität Düsseldorf zur Verfügung, damit die beiden erforschen können, inwiefern Musik sich positiv auf das Stresslevel der Patientinnen auswirken kann.

„Konkret geht es um den Prozess der Geburtseinleitung“, erklärt Dr. Philip Hepp, der leitende Oberarzt der Landesfrauenklinik, der die Studie zusammen mit Dr. Nora Schaal aus Düsseldorf leiten wird. „Der wird von vielen Frauen als besonders stressig empfunden.“ Denn oft dauere es Tage, in denen es immer wieder Wehenschübe gibt, bis es endlich zur Geburt kommt. Die letzten Stunden im Kreißsaal sind besonders schlimm. Die Stresshormone Kortisol und Amylase werden verstärkt ausgeschüttet. Und da soll die Musik Abhilfe schaffen.

„Wir werden die Fördergelder zu einem großen Teil für eine Doktorandin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf verwenden. Sie promoviert im Fach Psychologie und soll die Studie durchführen“, so Hepp. Mit den Psychologen der Universität Düsseldorf hat Hepp in der Vergangenheit bereits zu dem Thema Musik im Kreißsaal geforscht. Er arbeitete dort, bis er Anfang dieses Jahres nach Wuppertal kam. „Wir haben untersucht, wie sich Musik auf Frauen während des Kaiserschnittes auswirkt. Die Studie ist noch nicht abgeschlossen, die Interimsauswertung zeigt aber einen sichtbaren Effekt“, so Hepp.

400 Frauen müssen sich an der Samba-Studie freiwillig beteiligen, bis jetzt haben 350 mitgemacht. Anhand von Speichelproben wurde die Hormonkonzentration der Frauen gemessen, außerdem wurden beide Gruppen befragt — die, die den Kaiserschnitt mit Musik und die, die ihn ohne erlebt hat. So soll die Studie ab dem Frühjahr auch bei den Frauen durchgeführt werden, deren Geburtsvorgang eingeleitet werden muss. Zur Auswahl stehen den werdenden Müttern fünf Genres, nämlich Pop, Jazz, Klassik, Meditations- und Loungemusik. Alle Lieder sind mit weniger als 90 Beats pro Minute auch eher ruhig.

„Es hat sich außerdem gezeigt, dass der Effekt größer ist, wenn die Frauen nicht ihre eigene Musik mitbringen, sondern welche vorgesetzt bekommen — solange sie vom Genre her schon mal gefällt“, so Hepp. Die Frauen kennen ihre eigene Musik zu gut, deshalb sei die Ablenkung da auch nicht stark genug.

Ein weiterer, zu untersuchender Vorteil der Musik: Angenehme Klänge sollen das parasympathische Nervensystem anregen. Das wiederum steuert natürlicherweise das Einsetzen der Wehen. „Wir hoffen, belegen zu können, dass Frauen, deren Wehen nicht auf natürliche Weise einsetzen, durch Musik unterstützt werden und so die Geburt schneller voranschreitet, als nur mit der Unterstützung der Medikamente“, sagt Hepp.

Die Studie ist für ungefähr drei Jahre angelegt. Im Frühjahr wird das Ethik-Votum einer Kommission eingeholt, was etwa vier Wochen dauert. Das muss vor jeder Studie passieren, die an Menschen vorgenommen werden soll. „In unserem Fall aber eine reine Formalie, etwas Bedenkliches ist hier beim besten Willen nicht zu finden“, so Hepp.