"Wir brauchen Projekte, die positive Stimmung bringen"

Superintendent Manfred Rekowski blickt in das neue Jahr und auf Veränderungen im Kirchenkreis.

WZ: Herr Rekowski, Wuppertal hat im vergangenen Jahr einige schlechte Nachrichten verkraften müssen - zuletzt die gekürzten Landesmittel. Was bedeutet das für die evangelische Kirche im Tal?

Manfred Rekowski: Alle haben das Gefühl, 2009 wird ein kritisches Jahr, das spürt man deutlich. Das gilt auch für die, die noch in Arbeit sind. Sie merken, dass ihre scheinbar sichere Existenz ins Trudeln geraten kann. Vor allem die Auto-Zulieferer sind besorgt, zum Beispiel wegen Kurzarbeit. Das Traurige ist: Wer mit offenen Augen durch die Stadt läuft, bemerkt, dass sich bereits viele Menschen in einer sehr schwierigen sozialen Lage befinden - die Diakonie kann davon ein Lied singen, auch die Gemeinden spüren das. Der Landes-Sparzwang wird uns bei den freiwilligen Leistungen sehr treffen, zum Beispiel bei dem Projekt "Soziale Stadt Oberbarmen". Dabei hätten wir positive Signale so gut gebrauchen können, gerade in Wichlinghausen und Oberbarmen.

Was kann Kirche da tun?

Rekowski: Regelmäßig treffen sich Kirche und Stadt zu einem "Spitzengespräch". Diesmal wird sicher Thema sein, wie wir unter schwierigeren Bedingungen neue Spielräume schaffen können. Als Gegenpol brauchen wir Projekte, die eine positive Stimmung in die Stadtteile bringen, wie etwa die Immanuelskirche. Ihre Sanierung ist eine Hoffnungsgeschichte für den Stadtteil Oberbarmen. Hoffentlich gelingt uns 2009 etwas ähnliches in Wichlinghausen: Dort soll die Kirche stärker für den Stadtteil geöffnet werden, dazu läuft gerade eine Machbarkeitsstudie.


Kommen in krisengeschüttelten Zeiten mehr Leute in die Kirche?

Rekowski: Unsere Auftragslage ist insgesamt sehr gut (lacht). Die Wirtschaftslage spiegelt sich in den Gottesdiensten nicht so wider, aber wir spüren die Auswirkungen natürlich bei dem wachsenden Bedarf in der Diakonischen Arbeit. Grundsätzlich spielt Kirche unverändert eine große Rolle, wenn es um existenzielle Fragen geht, das merken wir zum Beispiel bei der Notfallseelsorge. Als vor Kurzem eine Jugendliche plötzlich starb, haben sich Seelsorger intensiv um die Mitschüler gekümmert. Ähnliches leisten wir bei der Seelsorge in den Altenheimen oder in den Krankenhäusern. Lebensbegleitung ist das Alltägliche, das in der Seelsorge kontinuierlich passiert, ohne spektakulär zu sein. Viele Menschen haben ein hohes Vertrauen zu uns als Kirche und öffnen sich uns.

Und wie sieht es mit den schrumpfenden Mitgliederzahlen aus?


Rekowski: Derzeit leben 116.000 Protestanten in Wuppertal, damit sind wir einer der fünf größten Kirchenkreise im Rheinland. Gleichzeitig sind wir aber auch der Kirchenkreis, der überproportional schrumpft. Wir verlieren pro Jahr 2000 Mitglieder. Deshalb ist es Aufgabe der lokalen Kirchenleitung, die kirchlichen Strukturen an die schrumpfenden Mitgliedszahlen anzupassen. Wir müssen uns kleiner setzen. Natürlich funktionieren solche Umstrukturierungen nicht schmerzfrei. Das fordert den Betroffenen viel ab, wie etwa die Diskussion um das Gemeindezentrum Bremkamp, das als Gottesdienststätte geschlossen und als kleines Zentrum erhalten bleiben soll, zeigt.

Was wird für den Kirchenkreis das wichtigste Thema für 2009?

Rekowski: Wir wollen einen Schwerpunkt bei der Jugendarbeit setzen, die Jugendkirche ist da bereits ein erfolgreiches Signal. Ein anderes Thema ist die Umstellung des pastoralen Dienstes. Dabei wird es nicht nur um die Verteilung der Pfarrstellen, sondern auch um inhaltliche Fragen gehen. Die Arbeitsbedingungen der Pfarrer müssen so verändert werden, dass möglichst viel Zeit für den unmittelbaren Dienst am Menschen übrig bleibt. (Nach dem Beschluss der Landessynode muss die Kreissynode im Mai 2009 ein Rahmenkonzept für den pastoralen Dienst im Kirchenkreis Wuppertal beschließen. Zum Hintergrund: Nach heutigem Stand soll in der Zeit von 2008 bis 2030 die Zahl der nicht refinanzierten Pfarrstellen im Rheinland von 1389 auf zirka 600 reduziert werden. Für Wuppertal muss bis 2030 voraussichtlich rund die Hälfte der derzeit 51 nicht refinanzierten Pfarrstellen abgebaut werden, Anmerkung der Redaktion.)

Vom 11. bis 16. Januar findet in Bad Neuenahr die Landessynode statt. Wird es dort auch Entscheidungen für Wuppertal geben?

Rekowski: Die Landeskirche plant eine Neuregelung der Polizeiseelsorge. Möglicherweise soll eine Seelsorge-Stelle für die Region Wuppertal/Düsseldorf eingerichtet werden. Bisher gibt es nur eine Viertel-Stelle, befristet für drei Jahre. Die Synode berät auch über alternative Formen der pastoralen Dienste, so soll es zukünftig angestellte Pfarrer für Gemeinden geben und eine Agentur, die pastorale Dienste vermitttelt. Das ist auch für Wuppertal sehr interessant. Über Wuppertal hinaus werden wir außerdem über das Problem Kinderarmut und das Miteinander von Christen und Muslimen sprechen. Ansonsten stehen Wahlen und innerkirchliche Themen auf der Tagesordnung.