Zeitarbeit: Notlösung oder die Chance für die Karriere?
Etwa 4000 Besucher informierten sich am Donnerstag in der Stadthalle über Jobs bei Leiharbeitsfirmen.
Wuppertal. Efthimia Dailiania kann ihr Glück nicht fassen. Ein Jahr lang war die Wuppertalerin arbeitslos, jetzt sitzt sie plötzlich vor einem Vertrag.
"Unglaublich, ich kann sofort als Leiharbeiterin in der Produktionshilfe bei einem Automobilzulieferer anfangen", freut sie sich. Auf einen ähnlichen Erfolg hofft auch Elektroniker Jürgen Balzer (59), derzeit arbeitslos. Zwar befürchte er, bei der Zeitarbeit unterbezahlt zu werden, sehe sie jedoch "als letzte Chance für die Rückkehr ins Berufsleben".
Dailiania und Balzer waren zwei von 4000 Besuchern, die Donnerstag zur vierten Zeitarbeitsbörse der Agentur für Arbeit und der Arge in die Historische Stadthalle kamen.
25 Leiharbeitsfirmen aus dem Bergischen stellten mehr als 1000 Arbeitsplätze vor - von A wie Altenpfleger bis Z wie Zerspanungsmechaniker. "Die Angebote sind querbeet, vor allem Fachkräfte im gewerblichen Bereich werden gesucht", weiß Claudia John, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit Wuppertal.
Doch obwohl etwa ein Drittel der bei der Arbeitsagentur und Arge gemeldeten Stellen aus dem Zeitarbeitsbereich stammen - 1,8 Prozent aller Arbeitsverhältnisse in der Stadt seien Zeitarbeitsjobs -, gebe es Vorbehalte, sagt John.
Vor allem bei den Arbeitnehmern: "Kein dauerhafter Arbeitsplatz, ein schlechter Stand als Arbeiter zweiter Klasse - das verbinden viele damit", sagt Andreas Kletzander von der Arge. Da ein Teil des Lohns an die Zeitarbeitsfirma gehe, verdiene man oft weniger als Festangestellte.
"Zeitarbeit bedeutet Flexibilität. Man schnuppert in viele Firmen, knüpft Kontakte. Das kann ein Sprungbrett für die Karriere sein", meint Carsten Becker von der Zeitarbeitsfirma Rehbach in Wuppertal. Und: 30 Prozent der Arbeiter würden von einem Auftraggeber, der sie sich bei einer Zeitarbeitsfirma "ausleiht", fest übernommen.
"Die Zeitarbeit-Beschäftigten haben im Hinblick auf Kündigungsfrist, Sozialversicherung und mehr, die gleichen Regelungen wie Festangestellte", betont Kletzander.
Der Mindestlohn sei tariflich geregelt, der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ) würden mit den Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Tarifverträge abschließen.
Dementsprechend ist auch Eduard Zido glücklich, wenn er nach seinem Erziehungsurlaub einen Zeitarbeitsjob ergattert: "Ich weiß die Vorteile, bei der Jobsuche gezielt gemanagt zu werden, zu schätzen." Für Claudia Rauch ist Zeitarbeit eher eine "Alternative und Notlösung" auf der Suche nach einer Arbeitsstelle.
Vorteile für die Unternehmen, die mit den Zeitarbeitsfirmen zusammenarbeiten, seien: Sie könnten flexibel über Personal und Vertretungen verfügen, ohne sich um die Anstellung zu kümmern.
Zwar seien in diesem Jahr zirka 1000 Besucher weniger als 2009 gekommen, die Veranstalter waren aber zufrieden mit der Börse. "Die Firmen haben sich über qualifizierte Gespräche mit den Arbeitsuchenden gefreut. Die Gespräche werden in den nächsten Tagen bewertet", erklärt John.