Wo Manu wieder lachen lernte
Manuela Döinghaus (41) lebt und bei der Lebenshilfe für geistig behinderte Menschen. Durch ihre Arbeit ist sie aufgeblüht.
Wuppertal. Manu lacht. Immer wieder, laut und herzlich, während sie ein Brett nach dem anderen unter die Stempelmaschine legt. Wenn Manu lacht, kneift sie ihre strahlenden Augen zusammen, wirft den Kopf in den Nacken. Und alle lachen mit. "Sie hat ständig gute Laune, steckt uns damit an und ist immer zu Scherzen bereit. Sie zieht zum Beispiel gerne T-Shirts mit frechen Sprüchen an", erzählt die Druckerei-Gruppenleiterin Daniela Priesack.
Manuela Döinghaus, von Freunden und Kollegen Manu genannt, ist Mitglied der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung in Wuppertal. Seit 20 Jahren arbeitet die 41-Jährige in den Werkstätten, vor drei Jahren zog sie in eine betreute Wohnung. Die Organisation ist für sie zum Lebensmittelpunkt geworden. "Ohne sie würde ich nur auf dem Sofa sitzen, Fernsehn gucken und Chips essen", sagt Manuela und meint damit: Ohne die Unterstützung der Lebenshilfe würde ich nicht arbeiten oder ein größtenteils eigenständiges Leben führen können.
Die Stempelmaschine fällt im gleichmäßigen Rhythmus auf die Holzbretter, die später zu Versandkisten werden sollen, und druckt ihnen eine Beschriftung auf. Pop-Musik von Ronan Keating schallt aus dem Radio. "Life is a Rollercoaster". Das Leben ist eine Achterbahn. Dass das Leben für Manu und alle anderen Lebenshilfe-Beschäftigten keine Achterbahn mit Aufs und Abs ist, sondern einen gleichmäßigen Takt ganz so wie die Stempelmaschine hat, dafür sorgt die Organisation. Sie bietet tägliche Arbeit, einen strukturierten Alltag mit Haushaltspflichten, Hobbys und Lebensfreude.
Manu besuchte in ihrer Kindheit und Jugend eine Förderschule in Wuppertal, die Nachmittage saß sie bei ihrem Eltern im Wohnzimmer vor dem Fernseher, futterte sich mehr als 50 Kilo Übergewicht an. Ihr fehlten Ideen, etwas mit ihrem Leben anzufangen. Mit 21 Jahren kam sie in die Trainingsphase der Lebenshilfe-Werkstätten, zwei Jahre später wurde daraus eine Festanstellung. "Seitdem hat sie sich unglaublich gut entwickelt, ist viel selbstständiger geworden, hat soziale Kontakte geknüpft und einiges an Gewicht verloren", weiß Daniela Priesack. Sie selbst ist für Manu eine enge Vertraute geworden. "Ich habe eins meiner beiden Kaninchen Frau Priesack genannt", erzählt Manu und lacht wieder.
Manu druckt gerne. Zeugnissmappen, Brettern, Stiften, sogar Nüssen hat sie schon einen Stempel aufgesetzt. "Das macht mehr Spaß als andere Arbeiten", sagt Manu, die schon in vielen Bereichen der Werkstätten eingesetzt war. "Sie macht das gut, kann mehrere Arbeitsschritte hintereinander ausführen", erklärt Priesack. Auf dem ersten Arbeitsmarkt wäre die Arbeit für Manu wahrscheinlich nicht so einfach und unbeschwert. "Hier sind alle nett, hier macht alles Spaß, wir sind wie eine Familie", sagt Manu. "Hier ist sie in einem geschützten Umfeld", sagt Priesack.
Das Geld, das Manu bei ihrer Arbeit in der Werkstatt verdient, gibt sie am liebsten für Kleidung aus. "Ich gehe gerne shoppen und spazieren, für meine Figur. Außerdem sammele ich Kerzen, habe einen ganzen Schrank voll. Am Wochenende gehe ich meistens auf die Single-Parties bei der Lebenshilfe", erzählt die 41-Jährige, die noch auf ihren Traummann wartet. Oft lädt sie ihre Werkstatt-Kollegen auch in ihre Wohnung zum gemütlichen Beisammensitzen ein.
Dass die Wohnung ordentlich ist, dafür sorgt ebenfalls die Lebenshilfe. Sie hilft Manu beim Haushalt, geht mit ihr einkaufen und hält ein Auge darauf, dass sie nicht zu viel Geld fürs Telefonieren - auch eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen - ausgibt. "Anfangs hatte sie Angst davor, alleine zu leben. Doch die eigenen vier Wände haben sie noch ein ganzes Stück selbstbewusster gemacht", freut sich Priesack.
"Hey, nicht schlafen, weiterarbeiten", sagt Manu wie zum Beweis zu Kollege Stefan (26), der ihr das nächste Brett nicht schnell genug reicht. Und dann muss sie wieder lachen. Ihr Blick verrät: Diese Frau ist glücklich und zufrieden.