Wohnungsdrama: Die Tochter macht den Weg frei
Warum ein Sonderkommando einen 69 Jahre alten Wuppertaler aus seiner Wohnung holen musste.
<strong>Wuppertal. Fast 20 Jahre wohnte Simon K. (Name von der Redaktion geändert) in seiner kleinen Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung an der Reitbahnstraße mitten in Elberfeld. Maurer war er von Beruf. Ein schmächtiger, zäher Mann, der viele Jahre allein im Dachgeschoss lebte. Zuletzt zahlte das Sozialamt die monatliche Miete des Rentners. So gesehen gab es keine Probleme. Das ist vorbei. Am Donnerstagmorgen sollte K. seine Wohnung verlassen - endgültig.
Gerichtsvollzieher und Amtsärztin bedroht
Um 9 Uhr stehen ein Gerichtsvollzieher und eine Amtsärztin vor seiner Wohnungstür. K. steht die Zwangseinweisung in ein Krankenhaus bevor. Doch die Tür bleibt zu. Dahinter steht K., schimpft und droht. Wer herein komme, werde von ihm erstochen, soll er gesagt haben. Nichts zu machen. Die Polizei wird alarmiert. Doch auch den Uniformierten will K. keinen Einlass gewähren. Er schlägt stattdessen mit einem Hammer gegen die Tür. Man weiß nicht, wie ernst er es meint, ob er vielleicht Waffen in der Wohnung hat. Ein Sondereinsatzkommando (SEK) soll K. aus dem Dachgeschoss holen. Gegen 11 Uhr rollen die ersten SEK-Zivil-Fahrzeuge über die abgesperrte Reitbahnstraße.Seit Januar dieses Jahres gab es massive Probleme
Wahrscheinlich ahnt K. gar nicht, was sich da unten auf der Straße zusammenbraut. Was man sich dort über ihn erzählt, klingt tieftraurig. Seit Anfang dieses Jahres gab es Ärger. K. wollte selbst die Eigentümerin nicht mehr in seine Wohnung lassen. Irgendwann sah sie dann doch die Zimmer. "Es war furchtbar. Ich werde alles komplett renovieren müssen", sagt die Frau. Im Mai hatte K. dann einen Wasserschaden in der Wohnung. Doch offenbar ließ er es nicht zu, dass die Reparaturen gemacht wurden. So lief das Wasser auch in die zwei Wohnungen unter ihm. Das ging natürlich nicht. Die Konsequenz: K. wurden Gas und Wasser abgestellt.Wasser aus dem Keller, Notdurft in der Badewanne
Im Haus erzählt man sich seither schauerliche Geschichten. Die Notdurft habe der 69-Jährige in der Badewanne verrichtet. Wasser holte er sich im Eimer aus dem Keller. Von massiven Alkohol-Problemen ist die Rede. K. gilt bei seinen Nachbarn, der Hausverwaltung und der Eigentümerin als Trinker. Im Volksmund sagt man auch: Quartalssäufer.
Mittlerweile ist eine blonde Frau vor dem Haus erschienen. Die Tochter. Sie sorgt dafür, dass der Einsatz unblutig beendet wird. Weil sie vor seiner Tür steht, macht K. den Weg frei.
Um 12.30 Uhr sind die Spezialkräfte in seiner Wohnung. Es geht glimpflich ab. Keine Verletzten. Die Tochter tritt vor dem Vater auf die Straße. Sie weint. K. wird von zwei Rettungsassistenten in Empfang genommen zu einem Rettungswagen gebracht. Ihm steht die Fahrt in die Stiftung Tannenhof bevor.
Wenig später ist an der Reitbahnstraße mitten in Elberfeld wieder der Alltag eingekehrt. Und irgendwann wird die Wohnung im Dachgeschoss renoviert sein, damit dort ein neuer Mieter einziehen kann. K. wird nicht mehr zurückkehren.