Wuppertal Bewegung: Carsten Gerhardt - „An uns liegt es nicht mehr“

WZ-Interview: Carsten Gerhardt, Vorsitzender der Wuppertal Bewegung, über die Erfolgsaussichten des Projekts Nordbahntrasse.

Wuppertal. Herr Gerhardt, die Wuppertal Bewegung schreibt in kürzester Zeit eine unglaubliche Erfolgsgeschichte. 2,5 Millionen Euro an Spenden und Sponsorengeldern haben sie bereits zusammen. Macht Ihnen das nicht manchmal Angst?Carsten Gerhardt: Angst nicht, nein. Ich freue mich, dass unsere Idee auf so breite Resonanz gestoßen ist, dass wir so viele Menschen vom Umbau der Nordbahntrasse begeistern konnten. Allerdings bin ich schon überrascht und erfreut, wie schnell sich der Erfolg eingestellt hat. Zumal Sie erst eine Hürde genommen haben, nämlich die Eigenmittel zusammenzubekommen. Damit ist das Projekt noch längst nicht in trockenenen Tüchern. Es ist keineswegs sicher, dass die Nordbahntrasse vom Land gefördert wird. Was machen Sie, wenn die Rechnung nicht aufgeht?Gerhardt: In der Tat glauben viele Menschen, durch das immense Spendenaufkommen stünde die Finanzierung bereits. Wir haben jedoch allein unseren Eigenanteil zusammen. Wir brauchen aber voraussichtlich mindestens 12 Millionen, der Rest muss vom Land kommen. Geschieht das nicht, ist die Nordbahntrasse gestorben. Würden Sie sich auf Kompromisse einlassen?Gerhard: Nein, wir haben von Anfang an erklärt, dass wir den Umbau ganz oder gar nicht wollen, in der vollen Länge und Breite. Kompromisse kann es nicht geben, weil wir nun mal beispielsweise eine sechs Meter breite Spur benötigen. Es würde nicht funktionieren, davon abzuweichen. Das ist riskant.Gerhardt: Vielleicht, aber wir haben unseren Teil erbracht. Alle Vorarbeiten sind geleistet. Der Umbau ist komplett durchgerechnet, das Konzept tadellos. Es erfüllt alle erdenklichen Förderkriterien. Der Eigenanteil wurde erbracht, ohne den kommunalen Haushalt zu belasten. Also, an uns liegt es jetzt nicht mehr. Sie setzen auf eine Unterstützung durch das europäische Strukturförderprogramm Ziel 2. Auch die Stadt will das Projekt Nordbahntrasse dort unterbringen. Kritiker sagen, dass bei einer erfolgreichen Bewerbung um die Förderung zu viel Wuppertal zustehendes Geld allein für die Nordbahntrasse verbraucht wird.Gerhardt: Die Stadt hat sich entschieden. Es gibt kein zweites, derart ausgereiftes und auf die Voraussetzungen der Ziel-2-Förderung abgestimmtes Vorhaben, dessen Eigenanteil bereits finanziert ist. So gesehen ist das eine Scheinkritik. Es gibt zudem kein Kriterium der EU-Förderung, das nicht auf unser Projekt passen würde. Natürlich sind wir offen für jedes andere Förderprogramm. Voraussetzung ist aber mindestens eine 70 zu 30 Förderung. Sonst geht unsere Rechnung nicht auf. Im Übrigen reichen wir jedem die Hand zum Mitmachen. Aber so viele Kritiker gibt es gar nicht. Ich habe bei meinen vielen Gesprächen vielmehr den Eindruck gewonnen, dass die Wuppertaler diesen Rad- und Fußweg durch die ganze Stadt wollen. Warum?Gerhardt: Weil die Nordbahntrasse die Wuppertaler miteinander verbindet. Der Gedanke, über den Dächern der Stadt durch ganz Wuppertal zu radeln, ist faszinierend. Eine wiederbelebte Nordbahntrasse wertet ganze Stadtteile auf, sie schafft Arbeitsplätze und eine Freizeitattraktion. Dazu kommt der Anschluss an das große NRW-Radwegenetz. Die Nordbahntrasse besteht aus vielen Tunneln und alten Viadukten. Es ist kaum vorstellbar, dass diese Bauwerke so einfach zu sanieren und zu sichern sind.Gerhardt: So schlimm ist das gar nicht. Die Tunnel sind in einem hervorragenden Zustand. Sie wurden erst in den 80er Jahren komplett saniert. Und die Viadukte müssen vor allem vor Feuchtigkeit geschützt werden, mehr nicht. Wir haben sechs Millionen Euro für die Herrichtung der Tunnel und Viadukte kalkuliert. Das ist eine realistische Summe. Wer wird einmal die Sicherung und Unterhaltung des Rad- und Fußweges übernehmen?Gerhardt: Wir versuchen natürlich, alle Kosten zu minimieren. Nach der Fertigstellung wird die Nordbahntrasse ein städtischer Weg. Die Sicherungspflicht übernimmt die Stadt. Für die Unterhaltung könnte eine Gesellschaft des zweiten Arbeitsmarktes gegründet werden. Entsprechende Signale von der Arge gibt es bereits. Sie sehen, wir überlassen nichts dem Zufall. Wann werden Sie den alles entscheidenden Förderantrag beim Land einreichen?Gerhardt: Unser Stichtag ist der 31. Mai. Es gibt keinen Grund zu Verzögerungen. Unser Antrag wird fristgerecht in Düsseldorf eintreffen, und er wird so gestaltet sein, dass nicht nachgebessert oder nachgereicht werden muss. Darauf können sich die Wuppertaler verlassen. Was dann geschieht, liegt nicht mehr in unserer Hand.

Herr Gerhardt, vielen Dank für das Gespräch.