Barmen. „Die Zukunft heißt nicht Einzelhandel“
Barmen. · Lokalpolitik, ISG und Geschäftsleute suchen nach Ideen für die Barmer Innenstadt.
Vom Kinosaal zum Hörsaal? Auch in der Barmer Innenstadt stehen Ladenlokale schon teils längere Zeit leer, wird über Wechsel und Nachfolger diskutiert. Mal werden sie gefunden, so wie im Fall des Modegeschäft Haschi, dessen Räume aller Voraussicht nach die Volksbank beziehen wird.
Andere Ladenlokale bekommen nicht so schnell neue Mieter. „Gerade in der Schuchardstraße stehen einige Objekte schon etwas länger leer, sagt Mathias Wewer von der IG City Barmen. Die Gründe seien vielfältig, hätten oft auch mit der Größe der Räume zu tun, und grundsätzlich seien die Zeiten schwieriger geworden.
Gesundheit, Bildung und Kultur als Schwerpunkte
„Natürlich ist es betrüblich, dass zu viele Ladenlokale leer stehen“, sagt auch Barmens Bezirksbürgermeister Hans-Hermann Lücke (CDU). Umso dringlicher sei es, umzudenken: „Wir müssen uns von dem Gedanken verabschieden, dass der Werth oder andere Zentren für alle Zeiten Einzelhandelsstandorte sein werden.“ Nicht umsonst habe sich die Arbeitsgruppe Innenstadtentwicklungskonzept gegründet und sei man auf der Suche nach einem neuen Profil.
Für Barmen hat Lücke klare Vorstellungen: „Die Zukunft heißt Gesundheit, Bildung und Kultur: Das sind Standbeine, die entwickelt werden müssen.“ Barmen sei mit Tanztheater, Opernhaus und Musikhochschule der führende Kulturstandort in Wuppertal, es gebe Hochschuleinrichtungen - und leerstehende Kinosäle: „Das müssen ganz schnell Hörsäle werden, genutzt von allen Einrichtungen, die wir in Barmen haben“. Man zähle immerhin mehr als 300 Studenten der Musikhochschule am Sedansberg, „die Voraussetzungen sind da“.
Beim Aspekt Gesundheit sei das Barmer Zentrum mit etlichen Ärztehäusern rund um den Werth bereits jetzt auf einem guten Weg, so Lücke. Als Beispiele dafür nennt er Komplexe wie das Gebäude Werth 51 oder auch Standorte an der Schuchardstraße. „Das sind Frequenzbringer, die Menschen in die Innenstadt ziehen.“ Denn eines werde immer deutlicher: „Die Zukunft heißt nicht Einzelhandel.“
Verständnis für Hauseigentümer, die an Billig-Ketten vermieten
Es gelte, gerade die B-Lagen wieder mit mehr Leben zu füllen, sagt Mathias Wewer von der IG City Barmen, der dennoch glaubt, dass in Barmen „der Einzelhandel auch künftig der bildbestimmende Faktor sein und bleiben wird. Aber drumherum wird es auch andere Formen geben.“
Geschäfte und vor allem größere Ketten sind für Hausbesitzer derzeit meist die lukrativeren Mieter, auch wenn das Sortiment nicht in jedem Fall Zustimmung findet.
Die IG habe da nur begrenzte Einflussmöglichkeiten, sagt Wewer: „Man kann schließlich niemandem vorschreiben, an wen er seine Immobilie vermietet.“
Das betont auch Oliver Alberts von der Immobilien-Standort-Gemeinschaft Barmen-Werth (ISG), der Verständnis für Eigentümer zeigt, die in Ermangelung von Alternativen an Billig-Läden oder Ein-Euro-Shops vermieten: „Von Hauseigentümern kann man kaum verlangen, auf solvente Mieter zu verzichten“, sagt er, „Leerstände kosten ein enormes Geld.“ Unter anderem Grundabgaben und andere Betriebskosten seien unabhängig von der Nutzung oder Nichtnutzung der Räume zu leisten - da sei es nachvollziehbar, dass Vermieter diesem Kostendruck begegneten und entsprechend reagierten.
„Wir merken momentan schon, dass es teils schwer ist zu vermieten.“ In den vergangenen Wochen hätten einige größere Geschäfte zugemacht, beispielsweise das Bettenhaus an der Höhne. Deshalb sei es umso wichtiger, neue Wege zu gehen und auf die Entwicklung zu reagieren: Es gehöre zum Kerngeschäft der ISG, gegen Leerstände anzukämpfen, sagt Oliver Alberts. „Natürlich wünsche auch ich mir hochwertigen Einzelhandel für Barmen“, sagt Alberts. „Aber wir können den Markt nicht drehen.“ »S.23