Schauspiel Aschenbrödel mit Kampfeslust
Julia Meier spielt die Hauptrolle im diesjährigen Familienstück und hat unter anderem Spaß daran, den Prinzen zu schlagen.
Das Ansehen des Films zur Weihnachtszeit war auch für Julia Meier ein „Mega-Ritual“: Jedes Jahr hat sie ihn gesehen, beim ersten Schnee den Soundtrack aufgelegt. Deshalb hatte sie schon ein bisschen Respekt, als sie die Rolle des Aschenbrödels übernahm. Inzwischen sitzt die Rolle längst. Und sie freut sich am meisten auf die Szenen mit Action.
„Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ nach dem gleichnamigen tschechisch-deutschen Märchenfilm von Václav Vorlíček und František Pavlíček ist das diesjährige Familienstück des Schauspiels, die Musik von Karel Svoboda spielt das Sinfonie-Orchester – teils eingespielt, demnächst auch live. Die Hauptrolle als Aschenbrödel, das den Prinzen erobert, spielt Julia Meier. Wie es ihr mit der Rolle geht, erzählt sie kurz vor einer Aufführung, noch in Straßenkleidung, im Opernfoyer.
„Der Film ist so perfekt“, schwärmt sie, die Schauspieler seien toll, das Setting grandios. Alle hätten diese Bilder im Kopf. Davon hätten sie sich freimachen müssen. „Wir können ja nicht den Film kopieren.“ Deshalb sei die Inszenierung eine gute Mischung aus Adaption und eigenen Ideen. Die Musik sei wie im Film, das Bühnenbild ahmt die unendliche Schneelandschaft nach, Schloss, Küche und Pferdestall entstehen mit ein paar wenigen Effekten. Die Kostüme seien fantastischer, sagt Julia Meier, ihre Charaktere menschlicher: „Das Stück ist weniger schwarz-weiß, das Böse relativer. So wie im richtigen Leben.“
Und ihre eigene Rolle? „Ich glaube, ich bin noch burschikoser“, sagt sie. Schon der Film – nach einer Märchenerzählung der in Tschechien berühmten Autorin Božena Němcová – wird als emanzipierter als die Grimmsche Märchenversion gelobt, weil Aschenbrödel reitet, schießt und auf Bäume klettert. Die Bühnenvariante greift das auf: „Wir haben eine richtig coole Kampfszene.“ Dann schlägt sich Aschenbrödel mit dem Prinzen im Stockkampf – und gewinnt natürlich.
Die Reaktionen zeigen,
dass das Stück gut ankommt
Dass Aschenbrödel wild und gern im Wald unterwegs ist – „ein bisschen wie Ronja Räubertochter“ – und dieser Kampf seien sicher Komponenten, warum das Stück auch Jungen gefalle. Aber natürlich freue sich Aschenbrödel auch, wenn es ein schönes Kleid anziehen dürfe. Es sei gut, wenn ein Mädchen beide Seiten leben könne.
Und die Lieblingsszene von Julia Meier? Sie zögert. „Zur Premiere hätte ich sofort gesagt: ,Der Kampf und der Tanz‘“, sagt sie. „Inzwischen finde ich die beiden Szenen auch schon anstrengend“, gibt sie zu und lacht. Denn manchmal geht das Stück gleich zwei oder drei Mal am Tag über die Bühne – das schlaucht.
Rund 30 Aufführungen hat sie schon hinter sich, noch rund ein Dutzend werden folgen. Sie freut sich, denn sonst sei sie oft traurig, wenn ein gutes Stück nur wenige Aufführungen erlebe. „Wir proben so lange, das ist so viel Arbeit. Jetzt hat es sich echt gelohnt.“ Und wenn sie nach einem langen Tag mit zwei bis drei Aufführungen erschöpft seien, motivierten sie sich gegenseitig mit: „Wir haben an einem Tag rund 2000 Kinder glücklich gemacht.“
Das Spielen vor Kindern sei ohnehin ganz anders als vor Erwachsenen. „Kinder sind viel lebendiger, reagieren, rufen rein.“ Sie erinnert sich, dass ein Kind in der Szene, in der sie mit der Eule spricht, ganz ratlos rief: „Mit wem sprichst du eigentlich?“ Manchmal erlebe auch Philippine Pachl als böse Stiefschwester so viel Protest, dass sie kaum weitersprechen könne. Und einige Kinder sind nachhaltig beeindruckt: Unter anderem hat sie gehört, dass eine Schulklasse jetzt immer wieder den Tanz nachtanzt.
Die Aufführungen besuchen nicht nur Schulklassen und Familien mit Kindern: In den Abendvorstellungen sitzen meist Erwachsene – „vor allem Frauen“. Dann wissen sie, dass das die Film-Fans sind, und hoffen, dass die Zuschauerinnen nicht enttäuscht sind. Aber der Applaus und die Reaktionen bei Facebook zeigten, dass ihr Stück ankomme.
Bevor Julia Meier in die Garderobe verschwindet und sich in Aschenbrödel verwandelt, hat sie einen Wunsch frei: Sie wünscht sich, dass noch möglichst viele kommen und sich verzaubern lassen.