Ausstellungsband und Plakataktion Wuppertal: „Out and About“ geht in die 12. und 13. Auflage
Wuppertal · Auseinandersetzung mit Krieg und Frieden und Plakat-Kunst, die die Balance sucht
Eines hat ihn schon erstaunt: Niemand sprach ihn auf den menschengroßen Käfig an, der mitten im Raum stand, die Tür weit geöffnet. Ohne Titel, ohne Hinweis, ein ready made, ein Tierzwinger, ein Sexspielzeug? Dabei, so Frank N., „ist es eigentlich nur das, was du siehst“. Ein Anstupser zum Denken. An Freiheit oder Gefangenschaft, an Lust, Spiel oder Beklemmung. „Ich will, dass die Leute anfangen, zu denken. Auch durch Provokationen.“ Der Käfig ist Vergangenheit, Fotos erinnern noch an ihn. Fotos, die in dem schmalen Katalog „Von Engeln und Dämonen“ enthalten sind, der an die gleichnamige Ausstellung von OAA #12 vom April erinnert. Im Studio der Bergischen Kunstgenossenschaft (BKG) mit 21 Bildern und dem Käfig, Kunst von Sinjkevych und Frank N. Ab sofort ist das Buch erhältlich – im Netz und im Glücksbuchladen. Das Nachdenken ist zeitlos.
85 Seiten auf Bilddruckpapier im Format 17 mal 24 Zentimeter, gedruckt im Eigenverlag Noexit. Alle Kunstwerke, die in der Ausstellung hingen, sind abgebildet, ergänzt um einige weitere – digitale Arbeiten von Frank N, gemeinsame Bilder, zarte mit Wasserfarbe oder Bleistift, grelle mit Acrylfarbe von Irina Sinkevych. Ergänzt um Prosa und Gedichte sowie die Ausstellungseinführung, die damals Karola Bürger, Kunstvermittlerin im Von der Heydt-Museum, hielt. Ein Parforceritt durch die Kunstgeschichte und eine Klärung von Begriffen. Ein Déjà-vu und Erinnern, das eigentlich als Begleitung während der Ausstellung gedacht war, nicht rechtzeitig fertig wurde und nun, zusammen mit den Texten neue Anregungen gibt.
Das Thema von Büchlein und Ausstellung, die Auseinandersetzung mit Gut und Böse vor dem aktuellen Hintergrund von Krieg und gefährdetem Frieden in Europa, reiht sich ein in die vorangegangenen Aktionen von OAA. Frank N: „Wir reden von Gut und Böse, aber was ist gut, was ist böse? Das verwischt sich rasch.“ Kunst wiederum könne helfen, den Geist der Menschen (zum Guten) zu ändern.
Im Internationalen Begegnungszentrum (IBZ) in Unterbarmen soll das Buch präsentiert werden. Im Rahmen des „Electric Garden“, der Sommer-Lounge im KuKuNa (Zentrum für Kunst, Kultur und Natur), der zehn Jahre alt wird. Anlass auch, um am 24. August eine Ausstellung mit digitalen Kunstwerken von Frank N, Zara Gayk und den Raumzeitpiraten zu eröffnen. Schließlich ist Frank N im Bereich Film, Foto und Digitale Kunst aktiv.
Im September dann geht es weiter mit Out and About, das seine 13. Auflage erwartet. Unter dem Titel „Sort of back to the Roots“. Ein durchaus programmatisch gemeinter Titel, der an die Anfänge des Projekts erinnert, das in der Pandemie 2020 entstanden ist. Als im ersten Lockdown nichts mehr ging, die Menschen keine Ausstellungen mehr besuchen konnten, weil die plötzlich geschlossen wurden. Als Frank N sich an Kunst auf Plakaten im öffentlichen Raum erinnerte – in Los Angeles genauso wie in Bielefeld, wo die „Plakartive“ im Zweijahresrhythmus Kunst und Betrachter ohne räumliche Begrenzung direkt aufeinandertreffen ließ. Er griff das Format auf, brachte die Kunst nach draußen und so zu den Menschen, verwandelte mit anfangs wenigen Mitstreitern die Stadt in eine temporäre Open-Air-Ausstellung. Weitere Runden folgten, stets auf frei zur Verfügung gestellten Plakatwänden der Firma Ströer. In der Spitze waren 171 Kunstplakate auf das Stadtgebiet verteilt. Vier Jahre später will er, dass sich „die Leute erinnern, dass da mal was mit Kunst auf Plakatwänden war“.
Auch diesmal hat Frank N wie am Anfang eine Handvoll Künstlerinnen und Künstler um sich versammelt: Irina Sinkevych und Oksana Tytenko, die beide vor dem Krieg aus der Ukraine geflohen sind, seit 2022 in Wuppertal leben, der katalanische Bildhauer und Friedensforscher Andreu Ginestet. Vielleicht kommt noch ein Fünfter hinzu. Thematisch geht es diesmal um „Balance“, das Ergebnis eines gemeinsamen Brainstormings „macht Sinn im Kontext des vorangegangenen OAA-Projekts“, findet Frank N. Jeder zieht ein Kunstwerk auf Plakatgröße auf. Ein QR-Code erlaubt vor Ort weitere Informationen zum jeweiligen Kunstwerk über eine Website. Die Gespräche über die nötigen Wände mit Ströer laufen. Vom Ergebnis hängt das genaue Datum der Aktion ab.
OAA – das ist ein Werkzeug wie die Kamera, mit der er Dinge erschaffen kann, findet der Künstler, ein Vehikel, das seine Kunst und ihre Inhalte transportiert, das hänge bei ihm alles zusammen. Was an den Käfig erinnert. Der wohl gar nicht so wahrgengenommen worden sei während der Ausstellung, sagt Frank N. Vielleicht hat er aber zum Nachdenken angeregt, nur ohne mit dem Künstler darüber zu sprechen.