Freizeit Urlaubsgefühle zwischen Birnenbäumen und Gartenzwergen

Wuppertal · Viele Wuppertaler verbringen ihre Ferien zu Hause: Beispielsweise im Gartenverein Neubuntenbeck.

Gerhard Borkeloh hat in seinem Schrebergarten eine Dampfmaschine gebaut, die sogar Strom erzeugt.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Wer will schon König der Welt sein, wenn man sich auch auf 400 Quadratmetern in seinem ganz eigenen Reich verwirklichen kann? In der Kleingartenanlage Neubuntenbeck reihen sich nicht nur Parzellen aneinander - in diesen Tagen sind das Urlaubsziele. Da gibt es das Badeparadies mit Pool und Sonnenliege direkt neben dem Selbstversorger-Eldorado, wo es sich bei einem großen Obst- und Gemüseangebot richtig schön von der Hand in den Mund leben lässt. Und wenn dann auch noch der Köftespieß auf dem Grill liegt und die Nase an ferne Länder erinnert - wer braucht da noch Flugreisen?

Johannes Stepkowski (62) und seine Frau Gabriele (59) definitiv nicht. Sie verzichten in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie auf eine Urlaubsreise und genießen die Zeit in ihrem Kleingarten. „Wir sind praktisch jeden Tag hier“, sagt Stepkowski. Dass so ein Hobby auch etwas Arbeit macht, stört ihn nicht. Im Gegenteil, obwohl es gerade geregnet hat, ist er schon wieder emsig im Garten zu Gange. „Es sind ein paar Pflanzen umgekippt, die muss ich anbinden“, sagt er.

Arbeit und Freizeit - im Kleingarten-Urlaub verschmelzen diese vermeintlichen Gegensätze. Heinrich Busch, der gerade den Bereich vor seiner Laube fegt, sagt: „Das ist wie ein Aktivurlaub.“ Der 79-Jährige hat seine Parzelle seit 20 Jahren und findet am Kleingarten gerade gut, dass es immer etwas zu tun gibt. „Da gibt es keine Langeweile“, sagt der Rentner. Wenn die Temperaturen wieder steigen, ist der Lohn dann beispielsweise der Besuch der Familie. Gerade in der Corona-Zeit findet Busch gut, dass man im Garten einerseits für sich ist - aber trotzdem immer seine Nachbarn um sich hat und sich über die Hecken hinweg prima mit Abstand unterhalten kann.

Das Wohnmobil wurde zur
Gartenlaube umgewandelt

Ein Stückchen über der Kleingartenanlage, auf einem gepachteten städtischen Grundstück, steht ein Wohnwagen. 50 Jahre lang fuhr er Gerhard Borkeloh (71) und Edelgard Borkeloh (70) durch ganz Deutschland, die Niederlande und die Schweiz. Jetzt fungiert er als Gartenlaube und Urlaub ist eben da, wo das Mobil geparkt hat. Seit vier Jahren ist das in Vohwinkel. Langeweile kommt bei den Eheleuten nicht auf. Während sich seine Frau um den Garten kümmert, in dem Kartoffeln, Bohnen, Mangold und Himbeeren auf hungrige Heimurlauber warten, geht Borkeloh in einem kleinen Kabuff seinem Hobby nach: dem Tüfteln. „Ich habe eine Dampfmaschine gebaut“, sagt Borkeloh und führt sein beeindruckendes Konstrukt vor, das Wasserdampf über einen Zylinder in mechanische Energie umwandelt. Auf diese Weise erzeugt Borkeloh sogar etwas Strom. „Das ist nicht der Rede wert, aber ich freue mich, dass es funktioniert“, sagt Borkeloh. Er hat im Schrebergarten nicht nur seinen ganz persönlichen Erholungsraum gefunden, sondern sich mit dem Bau der Dampfmaschine auch noch einen Lebenstraum erfüllt. Da die Borkelohs direkt um die Ecke wohnen, sind sie ständig auf ihrem langgezogenen Streifen Gartenglück zu finden - manchmal zwei, drei Stunden, manchmal ganze Tage. Da ist es auch nicht so schlimm, dass die geplante Ostseereise im Mai ausfallen musste, denn der Mann in dem roten Overall betont: „Für mich ist das hier wie Urlaub.“