Beratungsangebot Corona: Eltern wählen häufiger die Nummer gegen Kummer

Das Angebot für Kinder, Jugendliche und Erwachsene verzeichnet eine große Nachfrage. Die Beratungszeiten wurden aus diesem Grund ausgeweitet.

 Aufgrund der erhöhten Nachfrage wurden die Beratungszeiten bei der Nummer gegen Kummer ausgeweitet.

Aufgrund der erhöhten Nachfrage wurden die Beratungszeiten bei der Nummer gegen Kummer ausgeweitet.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Seit Mitte März ist das Leben für viele Familien ein anderes. Kinder gehen nicht mehr in die Kita oder Grundschule. Jugendliche bleiben zuhause, weil die weiterführenden Schulen geschlossen sind. Meistens arbeitet mindestens ein Elternteil im Homeoffice zu Hause. Die ungewohnte und andauernde Nähe führt nicht selten zu Spannungen. Vor allem, wenn gleichzeitig Hausaufgaben gemacht werden müssen, die Kleinen spielen wollen und die Arbeit trotzdem fertig werden muss. Das merken auch Hilfsangebote wie die „Nummer gegen Kummer“. Das nach eigenen Angaben größte kostenfreie, telefonische Beratungsangebot für Kinder, Jugendliche und Eltern in ganz Deutschland mit Sitz in Wuppertal verzeichnet in der Corona-Krise eine hohe Nachfrage.

„Vor allem das Elterntelefon wird vermehrt nachgefragt“, sagt Anna Zacharias, Fachreferentin für Onlineberatung und Öffentlichkeitsarbeit beim Verein „Nummer gegen Kummer“. 20 Prozent mehr erwachsene Anrufer wenden sich an das telefonische Beratungsangebot. Das Spektrum der Themen ist vielfältig: Es geht um Zukunftsängste, darum, wie es weitergeht, um Ansteckungswege und die Überlastung im Homeoffice mit Kindern. „Die Menschen, die uns anrufen, haben ein Aussprachebedürfnis und sie wollen sich emotional entlasten“, sagt Zacharias. Sie wollen ihren Frust, Ärger und ihre Wut loswerden. „Eine Frage ist, wie man sich gut strukturiert“, sagt die Fachreferentin. Homeoffice und parallel Schulkinder zu betreuen, sei nicht leicht umsetzbar. „Das ist eine Herausforderung – auch für die Kinder.“

Die Berater müssen zuhören und individuelle Lösungen finden

Denn anstatt in die Schule zu gehen und Freunde zu treffen, sitzen Kinder und Jugendliche zuhause und müssen sich den Unterrichtsstoff selbst aneignen. Und Freunde können nur online kontaktiert werden. Während des persönlichen Kontaktverbots kann sich die Zeit schon mal wie Kaugummi ziehen und Unsicherheit verbreiten.

Da andere Beratungsangebote zurzeit nicht möglich sind, hat der Verein die Beratungszeiten ausgeweitet. Für Kinder und Jugendliche gibt es erweiterte Sprechzeiten am Vormittag, für Erwachsene ist die Hotline an zwei Abenden länger da.

„Jugendliche fragen sich, was nach den Ferien passiert. Wie sie sich auf die Schule und Prüfungen vorbereiten sollen“, beschreibt Anna Zacharias die Sorgen der Anrufer. Es gebe eine allgemeine Unsicherheit gepaart mit Ängsten und medizinischen Fragen. Gerade wenn es in der Familie jemanden mit einer Vorerkrankung gebe, machten sich Jugendliche Sorgen um Angehörige. „Manche sind aber auch genervt von den extremen Hygienemaßnahmen“, berichtet Zacharias.

Auch Langeweile, Einsamkeit und Isolation spielen in den Gesprächen mit den Jugendlichen eine Rolle. „Häufig haben die Jugendlichen niemanden, dem sie sagen können, dass sie sich langweilen“, sagt Zacharias. Die Aufgabe der Berater sei es dann, zuzuhören, wie es dem Kind geht und zu schauen, welche Ressourcen ein Kind hat. „Die meisten Jugendlichen haben eine Idee, was sie tun können“, sagt die Fachreferentin. Kinder und Jugendliche haben auch die Möglichkeit, die E-Mail oder Chat-Beratung zu nutzen.

Dazu müssen sich die Kinder und Jugendlichen registrieren. Wenn sie eine E-Mail schreiben, bekommen sie kurzfristig eine Antwort. „Für einen Chat gibt es Termine. Anders als bei der Telefonberatung können Jugendliche im Chat über Wochen mit dem gleichen Berater in Kontakt bleiben“, sagt Zacharias.

Zum Glück seien viele Berater auch in der Corona-Krise bereit, den Verein „Nummer gegen Kummer“ zu unterstützen. Die Telefonberatung findet nur in den Büros vor Ort statt. Trotzdem seien ganz viele Berater motiviert dabei. „Das ist Wahnsinn. Wir sind dankbar dafür“, sagt Zacharias.