Medizin Wuppertaler Helios-Klinikum stellt Penis von Krebspatient wieder her

Die Ärzte verhalfen einem 63-Jährigen mit einer seltenen OP zu neuem Selbstwertgefühl.

Ahmet Bozkurt vom Helios Universitätsklinikum Wuppertal in der Plastischen Chirurgie.

Foto: Helios Universitätklinikum/Michael Mutzberg/Michael Mutzberg

Die Penoid-Operation ist ein innovativer, medizinischer Eingriff, der darauf abzielt, die sexuelle Funktion und das Selbstbewusstsein von Betroffenen zu verbessern. Die Behandlungsgeschichte eines 63-jährigen Patienten zeigt, wie die Operation das Lebensgefühl positiv beeinflussen kann. „Sein bestes Stück zu verlieren, ist ein starker Einschnitt in das Selbstwertgefühl – ich wollte das sehr gerne zurückgewinnen“, sagt der Betroffene, Gerd Thiel (Name von der Redaktion geändert). Er blickt zurück auf eine OP, die ihm ein vertrautes Lebensgefühl zu einem gewissen Grad zurückgegeben hat. Optimistisch blickt er in die Zukunft. „Ich gehe davon aus, dass ich mit meinem neuen Penis und später mit der Penisprothese einige wichtige Funktionen für mich zurückgewinne. Auch meiner Frau zuliebe“, sagt er mit einem Lächeln.

Hinter Gerd Thiel liegt eine mehrstufige Operation, die nicht alltäglich ist: Professor Ahmet Bozkurt aus Wuppertal hat seinem Patienten aus eigenem Gewebe einen neuen Penis aufgebaut. „Dazu wurde der Penis aus Unterarmgewebe mit einer Harnröhre neu geformt und mit dem nach der Tumor-OP übrig gebliebenen Penisstumpf verbunden. Die eigenen Nerven und Blutgefäße haben wir an das Transplantat angeschlossen“, erklärt der Chefarzt der Klinik für Plastische und Ästhetische, Hand- und Verbrennungschirurgie am Helios Universitätsklinikum Wuppertal. „So ist eine gewisse Empfindsamkeit des neuen Organs zu erwarten. Auch das Wasserlassen wird wieder wie früher funktionieren.“

„Das kann ich bestätigen“, berichtet Gerd Thiel einige Monate nach der Operation. „Ich spreche sehr offen darüber, auch, dass dieser Körperteil für mich und bestimmt viele Männer sehr wichtig ist.“ Die Krebserkrankung, aufgrund derer sein Penis mehr als zwei Jahre zuvor bis auf einen kleinen Rest amputiert werden musste, hatte er gesundheitlich gut überstanden. Aber das Leben ohne Geschlechtsteil hat seine Psyche belastet. Mit der Unterstützung von Professor Bozkurt und seinem niedergelassenen Urologen hat er es geschafft, dass die Kasse den Eingriff bewilligt habe. „Man war dort zunächst der Meinung: Das sieht man doch nicht. Aber jeder weiß, dieses Organ hat noch andere Funktionen als gut auszusehen“, so der 63-Jährige. „Meine Partnerin hat alles mitgemacht, vor ihr habe ich den größten Respekt. Und ich möchte wieder das Leben in vollen Zügen mit ihr genießen, auch körperlich“.

Damit es dazu tatsächlich kommen kann, wird der Patient in den kommenden Monaten, wenn das transplantierte Gewebe, fachsprachlich „Penoid“ genannt, gut verheilt ist, eine sogenannte Schwellkörperprothese erhalten. Dieses Verfahren ist jahrzehntelang bewährt und hilft Männern mit Erektionsstörungen. Es handelt sich um ein System, das eine Flüssigkeit aus einem Reservoir im Körperinneren in künstliche Schwellkörper pumpt. „Ob es mit der Methode zu einem Orgasmus kommt, ist dann eine Kopfsache, und häufig klappt es gut“, weiß Professor Bozkurt.

Der Penisaufbau wird
immer häufiger angefragt

Nach dem Penisaufbau gibt es zunehmend Nachfragen, da heute die Geschlechtsangleichung für viele Menschen als gangbarer Weg zur Identitätsfindung möglich ist. „Wir sind eine der wenigen Kliniken in Deutschland, die Penoide aus körpereigenem Gewebe aufbauen können, und freuen uns sehr, den Männern oder Trans-Männern zu einem gewissen Grad damit bei ihrer körperlichen Veränderung, die sie sich sehnlich wünschen, verhelfen zu können“, so Professor Bozkurt, der zu dem Thema auch wissenschaftlich forscht. In einer veröffentlichten Studie hat er zum Beispiel mit untersucht, inwiefern die Patienten im Bereich des neuen Penoids ein Gefühl entwickeln oder an den Stellen, wo das Transplantationsgewebe entnommen wird, später Einschränkungen erleben. „Leider entstehen dort Narben – doch die Patienten fühlen sich zumeist dadurch nicht eingeschränkt“, berichtet Bozkurt die Ergebnisse einer Studie. Alternative Methoden bieten die Möglichkeit des Penoidaufbaus mit Hautlappen vom Oberschenkel.

Gerd Thiel war sich dieser Nebenwirkungen natürlich bewusst. „Als Fußballer bin ich, was Verletzungen angeht, zum Glück hart im Nehmen. Die anderen Funktionen waren mir wichtiger. Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis und freue mich über mein neues Körperteil, das inzwischen seine Funktionen gut erfüllt.“

(Red)