Wuppertal Wuppertaler Jobcenter erreicht bundesweit die meisten Arbeitslosen

In Wuppertal nehmen mehr Menschen an Maßnahmen zur Qualifizierung und Integration in den Arbeitsmarkt teil als anderswo.

Foto: Uwe Schinke/Andreas Fischer

Wuppertal. Wuppertals Arbeitslosenquote sieht mit 9,0 Prozent im Juni gar nicht so schlecht aus. Dabei gibt es hier viele Menschen ohne Arbeit. Eine großer Teil davon taucht aber in der Statistik nicht auf, weil er gerade an Maßnahmen des Jobcenters zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt teilnimmt. Das ist etwas, auf das Jobcenterchef Thomas Lenz stolz ist.

Foto: Uwe Schinke/Andreas Fischer

„Aktivierungsquote“ nennt sich die Zahl, die Teilnehmer an solchen Maßnahmen ins Verhältnis zu denen setzt, die grundsätzlich arbeitsfähig sind (siehe Kasten). Die Quote liegt und Wuppertal bei 30 Prozent und damit weit über der in NRW (9,9 Prozent) und in ganz Deutschland (6,9 Prozent).

„Wir sind auch das einzige Jobcenter, das alles Geld ausgibt, das der Bund dafür zur Verfügung stellt“, so Lenz. Dazu hätten sie EU-Mittel eingeworben. 2016 betrug der Posten der Leistungen zur beruflichen Eingliederung knapp 35 Millionen Euro.

Rund 15 000 Plätze gibt es in verschiedenen Maßnahmen ganz unterschiedlicher Art. Das reicht von Hilfe bei der Bewerbung über Arbeitsgelegenheiten — oft „Ein-Euro-Job“ genannt — in der Grünpflege, auf der Nordbahntrasse oder bei der Renovierung von Schulen bis zu ungewöhnlichen Ideen wie einer Fußballmannschaft und einem Chor für Migrantinnen, die den Teilnehmern zu mehr Selbstvertrauen und Motivation verhelfen sollen.

Auch Ein-Euro-Jobs hätten einen Effekt, widerspricht Lenz oft geübter Kritik. Sie richteten sich an Menschen, die lange keine Arbeit mehr und viele Probleme haben. „In der Regel fangen sie sich dabei wieder“, sagt er, verweist auf diejenigen, die beim Bau der Nordbahntrasse halfen. Beteiligte des Projekts zu sein, habe viele mit Stolz erfüllt.

Rund zehn Prozent der Teilnehmer von Arbeitsgelegenheiten finden danach Arbeit. Bei den anderen prüfe man, welche weiteren Hilfen notwendig sind. Bei anderen Maßnahmen liegen die Vermittlungsquoten höher, manchmal bei bis zu 60 Prozent — auch weil sie sich an Menschen richten, die bessere Voraussetzungen mitbringen. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 6137 Menschen in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt, das entspricht einer Quote von 18,6 Prozent derer, die erwerbsfähig sind — etwas höher als die bundesweite Quote. Mehr als die Hälfte davon bezogen schon länger als zwei Jahre Hilfe vom Jobcenter.

Thomas Lenz betont aber: „Wir sind nicht nur dafür da, der Wirtschaft fähige Mitarbeiter zu liefern.“ Es gehe darum, „den Menschen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen“. Dazu gehöre Arbeit, weil sie Teilhabe bedeute. Lenz ist dafür, den zweiten Arbeitsmarkt zu stärken, ohne dem ersten Konkurrenz zu machen.

Die hohe Aktivierungsquote des Jobcenters zeige, dass es sich nicht nur um die „Starken“ kümmere, Menschen, die leicht in den Arbeitsmarkt finden. Sondern auch um die, denen das nur schwer gelingt. Das sei auch ein Beitrag zum sozialen Frieden in der Stadt.

Sozialdezernent Stefan Kühn unterstützt das Engagement des Jobcenters: „Um arbeitslosen Menschen eine neue Perspektive zu geben, müssen wir in Arbeit und Qualifizierung investieren. Und zwar durch eine sinnvolle Beschäftigung, die im Interesse der Allgemeinheit liegt. Das ist gut für die betroffenen Menschen und gut für die gesamte Stadt. Es reicht nicht aus, Arbeitslosigkeit zu finanzieren.“

Gunhild Böth von den Linken kritisiert, die Jobcenter-Maßnahmen hätten keine nachhaltige Wirkung: „Sie sind nur befristet, danach sind die Teilnehmer wieder arbeitslos.“ Sinnvoller fände sie dauerhafte Maßnahmen: „Warum kann man nicht dauerhaft Spielplätze pflegen?“ Ihr Parteikollege Gerd-Peter Zielezinski fordert, Ein-Euro-Jobs wie normale Stellen zu bezahlen. Da die Teilnehmer ohnehin zusätzliche Unterstützung bekommen, würde das kaum mehr kosten: „Das gibt dem Leuten eine größere Perspektive.“