Freies Netzwerk Kultur Wuppertaler Kulturkolumne: Die Kunst, zu weben und sich zu bewegen

Wuppertal · Kreative Bande quer durch die Stadt.

Uta Atzpodien.

Uta Atzpodien.

Foto: Ralf Silberkuhl

Unaufhörlich prasselt der Regen auf uns hinab. Selbst als nicht schnell verzagende Radfahrerin spaziere ich derzeit lieber gemütlich mit meinem XXL-Schirm die unzähligen Treppen rauf und runter, Wege durch Gassen und Straßen unserer eigenwilligen Stadt und schwebe dabei auch stationenweise über sie hinweg. „Laufen heißt, zu sehen, was wir haben“ schrieb vor wenigen Wochen – inspiriert vom bunt-nassen Herbst, von Pfützen, Blättern, beschwipsten Amseln und anregenden Kulturorten – Kollege MC Graeff und weckte meine schlummernde Lust aufs Spazierengehen.

Im Osten der Stadt erinnerte kürzlich beim Kulturplausch des Kulturbüros in der Bandfabrik der dortige eindrucksvolle Tresen mit seinen bunten Garnrollen an die – unserer Stadt so eigene – Praxis des Webens und Verknüpfens. Nicht nur in der Kunst ist sie eine Kunst und kann uns enorm weiterbringen: Erst letzte Woche hat Torsten Krug in seiner Kolumne das Plädoyer „Raus ins richtige Leben“ formuliert: Die omnipräsenten digitalen Medienwelten, wie sie Eva Menasse in „Alles und nichts sagen“ erforscht, scheinen ein analoges und gemeinschaftliches (Kultur-)Erleben geradezu einzufordern.

Und das inspiriert: Die Werkstatt-Performance „Heißzeit“ des Choreographen Jan Möllmer auf der Insel konfrontierte uns – auch inmitten der nassen Jahreszeit – künstlerisch virtuos und körperlich erfahrbar mit den stetig steigenden Temperaturen und damit auch dem aktuell vertrocknenden Amazonas. Beim im Oktober auf der Herbstakademie der Kulturpolitischen Gesellschaft konstatierten Bedarf für einen wahrhaften Kulturwandel lag der „Mut zum Experiment“ an erster Stelle.

Der Mut äußert sich auch in Veranstaltungen wie dem imposanten Circular Valley-Kongress in der Historischen Stadthalle. Das spannende, wenngleich recht männlich besetzte Forum zur Kreislaufwirtschaft darf den Kultursektor – über Künstler Tony Cragg hinaus – gerne noch stärker einbinden. Wie wäre es, in dem bald leerstehenden Galeria-Kaufhauskomplex eine nordrheinwestfälische Materialverwaltung einzurichten, wie es sie im Norden mit der Hanseatischen Materialinitiative gibt, die im Sinn des Tauschens und Teilens der Kulturszene Materialien und Requisiten zur Verfügung stellt?

Wie Material weiterverwendet werden kann, zeigt übrigens das „Circular Art“-Projekt der Bildenden Künstlerin Andrea Raak im CoWerk18 in der alten Knopffabrik mit Finissage am kommenden Freitag um 18 Uhr.

Nach der Corona-Starre befreit sich die Wuppertaler Aufbruchstimmung zusehends aus ihrem Kokon: Das vermittelte, wie man mir erzählte, die kürzlich präsentierte, geförderte „Innen-Band-Stadt“ zur zukunftsweisenden Umgestaltung und Aktivierung der Innenstadtbezirke. Ausbaufähig scheint mir beim Weiterweben eine noch kreativere Stadtgestaltung, ein aktives Einbeziehen von Kunst- und Kulturschaffenden, ob für die Innenstadt, die Buga31, in der Stadtverwaltung an sich. Mehr „gestaltende Verantwortung“ ist gefragt, um mit der Leiterin des CityScienceLab in Hamburg Hilke Marit Berger zu sprechen: Eine zukunftsfähige Mobilität und damit relevante Werte für ein zukunftsfähiges Leben in der Stadt spielen für die „KlimaKultur on Tour – Film und Gespräch zur Europäischen Mobilitätswoche 2023“ eine Rolle. Sie hat Kulturorte von der Kunststation in Vohwinkel bis zur Färberei in Oberbarmen miteinander verwoben und lädt am Donnerstag, 23. November, um 19.30 Uhr, auf die Insel ein: Über Begegnungen und zukunftsweisende Formen der Bewegung heißt es, weiter Bande für ein gutes und zukunftsfähiges Leben in die Stadt zu spinnen.

Anregungen gerne an: kolumne@fnwk.de