Freies Netzwerk Kultur Wuppertaler Kulturkolumne: Mehr Grün für Wuppertal – nicht nur in Holzkisten

Wuppertal · Gastautor Michael Festau über die Diskussion um mehr Bäume in der Innenstadt.

Michael Felstau.

Foto: Michael Felstau

Auf dem Platz am Kolk stehen sie noch von der Pop-up-Buga, andere sind zum Projekt „Loher Straße Lebenswert“ des Mobilen Wuppertals gewandert, spindeldürre Bäume in Palettenkisten. Sie sollen lebendige Botschafter sein für grünere Plätze und Straßen. Als „Reallabore“ im Rahmen der InnenBandStadt sollen sie mehr sein als bloße Worte und den Wandel erfahrbar machen. Doch in den sozialen Medien und bei Gesprächen des „Insel Kulturgarten on tour“ vor Ort wurden sie belächelt, als bloßen Aktionismus und ökologisch unsinnig, als Werbung für Gartenbaufirmen gesehen. Als künstlerische Interventionen konnte hingegen in Leeuwarden 2022 ein wandernder Wald mit über tausend Bäumen durchaus überzeugen, der die Innenstadt und den Verkehrsfluss für 100 Tage veränderte. Zu beachten ist: Alle Bäume sind hier anschließend auch im Stadtgebiet gepflanzt worden!

Wie sollen wir die aktuelle Diskussion um die Potenzialflächen für Gewerbe und Wohnen in Wuppertal verstehen? Wer von Artensterben und Klimanotstand hört, aber niemanden sieht, der/die angemessen darauf reagiert, nimmt das Problem und die Akteure weniger ernst. Unsere Taten, also auch das konkrete Handeln der Vertreter von Politik und Stadt, sind wirkmächtiger als bloße Worte. Die zunehmende Konkurrenz um die knappe Ressource Fläche darf nicht weiter auf Kosten von Grünflächen und Naturräumen, Klimaanpassung und Biodiversität gehen. Stadtgrün ist die Lösung: mikroklimatisch und lufthygienisch, durch Verdunstung und Verschattung wirkt es effektiv gegen Hitzestress und sorgt für Umweltgerechtigkeit und Gesundheit, es mindert das (Freizeit-)Verkehrsaufkommen durch wohnortnahe Grünanlagen, es ist ein soziokultureller Begegnungsort für alle neben den etablierten Kulturorten. Aber packen wir uns an die eigene Nase, wie sieht es denn da aus? Leider nicht immer wie am Bob-Campus mit dem Nachbarschaftspark. Das war ein Thema bei unseren Aktionstagen #WebenFürMorgen: „Gestrandet im Klimakollaps“ im März auf der Insel und unseres Gemeinschaftsgartenprojekts „Insel Kulturgarten“: das grüne Drumherum und die Biodiversität der Kulturorte zu fördern. Nicht im Sinne einer bloßen Koexistenz, sondern als gestaltetes Zusammenleben. Wenn wir den öffentlichen Raum als offenen, frei zugänglichen Lebensraum für alle gestalten und auch künstlerisch in Szene setzen, als Raum der Nicht-Rivalität und der Nicht-Ausschließbarkeit von Menschen und Natur begreifen und auch der Natur Bleibefreiheit gewähren, können hier lebendige, grüne Oasen entstehen. Fangen wir mit dem Entsiegeln an, wo es nur geht!

Im Winterhalbjahr in der Börse bei der „Zukunftswerkstatt Wuppertal 2030“ im Rahmen des Projekts „Fight4Diversity“ ging es ernsthafter als in den sozialen Medien zu. Aber auch hier herrschte das Gefühl vor: Es wird zu wenig für den natürlichen Klimaschutz in Wuppertal getan! Wir haben nicht mehr viel Zeit. Denn die grüne Infrastruktur braucht selbst Zeit, sich zu entwickeln. Die Teilnehmenden vermissten neue Straßenbäume und mehr Naturoasen sowie die Schwammstadt mit Gebäudegrün, offenen Bodenflächen und Regenwasserkreisläufen. Ihre Forderung: Grün muss jetzt in allen Ressorts mitgeplant und umgesetzt werden. Ein Masterplan fürs Stadtgrün muss her, der auch die Buga beinhaltet. Ihre Vision war: ein dichtes, grünes Wegenetz durch die Stadt verbindet die Grünanlagen und Naturräume (ich ergänze die Kulturorte), es fördert die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum und so den Fuß- und Radverkehr. Das könnten Sie auch zum Thema machen beim städtischen Fußverkehrschecks NRW am 23. August.

Über unsere Visionen sprechen wir, das sind Uta Atzpodien, Franziska Hartmann und ich, im Rahmen der InnenBandStadt bei unseren Stationen des „Insel Kulturgartens on tour“ oder im „Insel Kulturgarten“ am kommenden Freitag um 16 Uhr hinter dem Gebäude der Insel und dem Café Ada. Feedback zur Kolumne an: