Wuppertaler Schülern droht die Abschiebung
Die Sorge an einer Schule in Wuppertal wächst. Geschwister haben Angst, bald "abgeholt" zu werden. Ihre Lehrer schlagen Alarm.
Wuppertal. Die Sorge an der Gesamtschule Else-Lasker-Schüler ist groß. Zemrita und Muamer droht die Abschiebung nach Serbien. „Sie haben Angst, dass bald jemand klingeln und sie abholen könnte“, sagt Lehrer Silvio Geßner. Da ihre Familie zu den albanischen Roma gehöre, drohe den beiden und ihrer Familie in Serbien Mobbing und Unterdrückung, fürchten die Lehrkräfte der Geschwister. Denn für Roma herrschten selbst in einigen EU-Ländern noch „teils furchtbare Lebensumstände“, schreibt Lehrer Deniz Ulusoy.
Der Schulwechsel nach Serbien wäre aus seiner Sicht zudem „pädagogisch eine Katastrophe“ für die beiden Kinder, die derzeit die siebte Klasse besuchen. Darüber hinaus seien Zemrita und Muamer längst voll integriert. „Eine tatsächliche Ausweisung“ erscheine als „hochgradige Verschwendung“ bereits investierter Ressourcen, erklärt Ulusoy.
Und auch die um Integration bemühten Eltern könne die Abschiebung nach Einschätzung der Lehrkräfte schwer treffen: Während die suizidgefährdete Mutter immer noch darunter leide, dass das Haus der Familie in Serbien von Fremden angezündet worden sei, kämpfe der Vater um Integration und engagiere sich zum Beispiel einen Tag in der Woche bei der Tafel. Die Lehrkräfte setzen sich nun mit mehreren Schreiben an die zuständigen Ämter und an Bundespolitiker für den Verbleib der Familie in Wuppertal ein.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) habe tatsächlich bereits entschieden, dass die Familie abgeschoben werden soll, sagt Jürgen Lemmer, Leiter des Ressorts Zuwanderung und Integration bei der Stadtverwaltung. Und auch die Gerichte hätten sich nicht dagegen ausgesprochen.
Die Stadt prüfe nun nur noch, ob es humanitäre Gründe für einen Verbleib in Deutschland oder Abschiebehinderungsgründe gebe. Zu diesen Bereichen gehörten zum Beispiel besondere Integrationsleistungen oder Krankheiten, sagt Lemmer. Grundsätzlich sei die Stadtverwaltung aber nur noch für die Umsetzung der BAMF-Entscheidung zuständig — von den genannten kleinen Ausnahmen abgesehen.
Da die Länder des Westbalkans als „sichere Herkunftsländer“ gelten, sähen die Gerichte in vielen Fällen keine Gründe gegen eine Abschiebung, sagt Lemmer. Und gerade zuletzt werde vermehrt auch aus Wuppertal in diese Länder abgeschoben, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh. „So ist die geltende Rechtslage.“ Nur die Einzelfallprüfung könne dann die Abschiebung noch verhindern.
Doch neben der Abschiebung habe die große Koalition ja auch ein Einwanderungsgesetz im Koalitionsvertrag angekündigt. „Ich plädiere sehr dafür, dass Flüchtlinge, die schon lange hier integriert sind, die Option auf einen Statuswechsel vom Asylsuchenden zum Einwanderer bekommen“, sagt Lindh. „Außerdem müssen wir legale Einwanderungswege für Menschen ohne Asyl finden.“
Für Zemrita und Muamer könnte das zu spät kommen. Doch der Ausgang des derzeit laufenden Prüfverfahrens sei noch offen, sagt Jürgen Lemmer von der Stadt. Akute Sorge müsse sich aber noch niemand machen. „Der Zeitrahmen ist schwer einzuschätzen, aber es wird wohl nicht vor Beginn des neuen Schuljahres eine Entscheidung geben.“